Dokument-Nr. 21673
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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil16.09.2015
Taubenschlag zur Haltung von 100 Tauben in reinem Wohngebiet unzulässigHundezwinger dar nicht in einen Taubenschlag umfunktioniert werden
Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat entschieden, dass ein Anwohner in einem reinen Wohngebiet keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines Hundezwingers in einen Taubenschlag hat.
Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens wohnt in einem mit einem Einfamilienhaus und Nebengebäuden bebauten Anwesen in einem reinen Wohngebiet in Maßweiler. Im März 2000 hatte der beklagte Landkreis Südwestpfalz eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des Dachstuhls der Garage und dem Neubau eines Hundezwingers sowie eines Taubenschlages mit Voliere erteilt. Die Genehmigung enthielt den Zusatz, dass maximal 50 Tauben gehalten werden dürfen.
Ortsbesichtigung bestätigt Haltung von mehr Tauben als genehmigt
Im August 2012 wurde dem Beklagten bekannt, dass der Kläger weit über 100 Tauben auf dem Grundstück hält. Im Rahmen einer Ortsbesichtigung stellte der Beklagte fest, dass die in der Baugenehmigung genannte maximal zulässige Anzahl der Tauben überschritten worden war. Der Beklagte zählte bereits in den Außenkäfigen 90-120 Tiere. Zudem stellte er fest, dass zwischenzeitlich auch der Hundezwinger als Voliere genutzt und am nordöstlichen Giebel der Garage auf Höhe des Dachgeschosses eine weitere Voliere angebaut worden war.
Haltung von 100 Tauben stellt keine wohnverträgliche Nebenanlage in einem reinen Wohngebiet dar
Im November 2013 stellte der Kläger einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Umnutzung des Hundezwingers in einen Taubenschlag. Auf Nachfrage teilte der Kläger ergänzend mit, dass die Haltung von ca. 100 Tauben vorgesehen sei. Mit Bescheid vom 13. Februar 2014 versagte der Beklagte die Baugenehmigung mit der Begründung, die beabsichtigte Haltung von ca. 100 Tauben stelle keine wohnverträgliche Nebenanlage in einem reinen Wohngebiet dar.
Kläger hält Taubenhaltung für gebietsverträglich
Nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens erhob der Kläger im April 2015 Klage mit der Begründung, dass von der Taubenhaltung keine nennenswerten Beeinträchtigungen ausgingen. Daher sei sie gebietsverträglich. Maßweiler sei ein sehr kleiner Ort mit nur rund 1.000 Einwohnern. An den tatsächlichen Verhältnissen in den letzten 20 Jahren habe sich nichts Nennenswertes verändert. In Maßweiler sei noch vor 15 Jahren die Haltung von mehreren hundert Tauben durch verschiedene Taubenzüchter als gebietsverträglich eingestuft worden. Es gebe im Ort auch heute noch einen weiteren Taubenzüchter, der ca. 100 Tauben halte.
Kleintierhaltung mit über 100 Tauben kann nicht mehr als untergeordnete Freizeitbeschäftigung angesehen werden
Das Verwaltungsgericht Neustadt wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung habe. Das Anwesen des Klägers befinde sich ebenso wie die daran angrenzenden Wohngebäude der Nachbarn in einem reinen Wohngebiet. Außer Wohngebäuden seien dort zwar untergeordnete Nebenanlagen zulässig, zu denen auch Einrichtungen zur Kleintierhaltung gehörten. Die Haltung von Brieftauben könne in einem reinen Wohngebiet als Annex zum Wohnen zugelassen werden, soweit sie üblich und ungefährlich sei und den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung nicht sprenge. Die auf dem Grundstück des Klägers vorhandene Kleintierhaltung mit über 100 Tauben könne aber nicht mehr als eine dem Wohnen als Hauptnutzung untergeordnete Freizeitbeschäftigung angesehen werden und widerspreche der Eigenart des hier vorhandenen reinen Wohngebiets.
Verkehrsüblichkeit der Taubenhaltung im Ort nicht gegeben
Soweit der Kläger behauptet habe, in Maßweiler habe es noch vor 15 Jahren sechs aktive Taubenzüchter gegeben, deren Haltung mit mehr als 100 Tauben gebietsverträglich gewesen sei, und er seine eigene Taubenhaltung als "kümmerlichen Rest einer Taubenhaltung relativ großen Umfangs" bezeichnet habe, könne er daraus nichts herleiten. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht gebe es in Maßweiler neben dem Kläger nur noch einen weiteren Taubenzüchter, der offenbar etwa 100 Brieftauben halte. Abgesehen davon, dass das Anwesen dieses Taubenzüchters in einem Mischgebiet liegen dürfte, habe diese Brieftaubenhaltung keinerlei Ausstrahlungswirkung auf das einen km südlich gelegene Wohngebiet, in dem der Kläger seine Tauben halte; von einer Verkehrsüblichkeit der Taubenhaltung in Maßweiler könne keine Rede sein.
Unterscheidung zwischen festsitzenden Zuchttauben und freifliegenden Brieftauben nicht relevant
Der Kläger könne auch nicht damit gehört werden, dass er lediglich 30 bis 50 Reisetauben besitze und die weiteren Tauben Zuchttauben bzw. Jungtauben seien, die den Schlag nicht verlassen würden. Selbst wenn dies zuträfe, würde sich an der dargestellten Rechtslage nichts ändern. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung werde vor dem Hintergrund, dass Kleintierhaltung der Hauptnutzung "Wohnen" untergeordnet sein müsse und den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung nicht sprengen dürfe, in Bezug auf die Anzahl der Tauben nicht differenziert zwischen festsitzenden Zuchttauben und freifliegenden Brieftauben.
Verweis auf Mindestanzahl an Tauben zum sinnvollen Betreiben des Brieftaubensports nicht entscheidend
Soweit der Kläger ferner unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Verbands Deutscher Brieftaubenzüchter vom 9. April 2014 geltend mache, dass der Brieftaubensport erst mit einer Mindestzahl von 70 - 120 Tauben sinnvoll zu betreiben sei, könne er damit ebenfalls nicht durchdringen. Denn hier gehe es nicht um die Frage, wie viele Tauben ein Brieftaubenzüchter benötige, um wettbewerbsfähig zu sein, sondern allein um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens in einem reinen Wohngebiet.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.10.2015
Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ra-online
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