21.11.2024
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Verwaltungsgericht Münster Urteil08.05.2015

Kein Anspruch auf Befreiung vom Sexual­kunde­unterricht aufgrund religiöser und ethischer BedenkenKein Vorliegen eines wichtigen Grunds zur Befreiung wegen Pflicht der Schule zur Zurückhaltung, Toleranz und Offenheit

Ein Schüler kann vom Unterricht befreit werden, wenn der Unterricht für den Schüler aus besonderen persönlichen Gründen unzumutbar ist. Eine solche Unzumutbarkeit ist aber nicht aufgrund des Sexual­kunde­unterrichts anzunehmen. Insofern ist zu beachten, dass die Schule zur Zurückhaltung, Toleranz und Offenheit verpflichtet ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Münster hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Grundschule plante 2013 für die Klassenstufe 4 die Durchführung des Sexua­l­kun­de­un­ter­richts. Die Eltern einer Schülerin hatten trotz intensiver Gespräche mit der Lehrerin und umfassender Aufklärung über die Lehrmethodik diesbezüglich religiöse und ethische Bedenken und beantragten daher eine Befreiung vom Sexua­l­kun­de­un­terricht. Nachdem der Antrag abgelehnt wurde und auch der Widerspruch erfolglos blieb, erhoben die Eltern der Schülerin Klage.

Kein Anspruch auf Befreiung vom Sexua­l­kun­de­un­terricht

Das Verwal­tungs­gericht Münster entschied gegen die Eltern. Ihnen habe kein Anspruch auf Befreiung ihrer Tochter vom Sexua­l­kun­de­un­terricht zugestanden. Eine solche Befreiung wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn der Unterricht für die Schülerin aus besonderen persönlichen Gründen unzumutbar gewesen wäre. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.

Teilnahme am Sexua­l­kun­de­un­terricht trotz religiöser und ethischer Bedenken zumutbar

Das Verwal­tungs­gericht erkannte zwar an, dass durch den Sexua­l­kun­de­un­terricht das allgemeine Persön­lich­keitsrecht der Schülerin, das Erziehungsrecht der Eltern sowie die Glaubens- und Gewis­sens­freiheit betroffen war. Dies habe jedoch nicht dazu geführt, dass die Teilnahme am Unterricht für die Schülerin unzumutbar war. Es sei zu beachten gewesen, dass der Staat die Sexualerziehung als wichtiges Erziehungsziel bewertet. Denn die Sexualität weise viele gesell­schaftliche Bezüge auf. Zudem müssten Kinder vor sexuellen Gefahren gewarnt und bewahrt werden. Schüler dürften daher nicht völlig vom Sexua­l­kun­de­un­terricht abgeschottet werden.

Anspruch der Eltern auf umfassende Information über Sexualerziehung

Zwar stehe den Eltern kein Anspruch auf Mitbestimmung bei der Ausgestaltung der schulischen Sexualerziehung zu, so das Verwal­tungs­gericht. Ihnen stehe aber ein Anspruch darauf zu, rechtzeitig und umfassend über den Inhalt und den methodisch-didaktischen Weg der Sexualerziehung informiert zu werden. Damit werde ihnen ermöglicht, auf ihre Kinder im Sinne ihrer eigenen Auffassung und Überzeugungen einzuwirken und so das ihnen nach dem Grundgesetz zustehende individuelle Erziehungsrecht auszuüben. Eine solche Information habe hier stattgefunden.

Pflicht der Schule zur Zurückhaltung, Toleranz und Offenheit

Darüber hinaus sei nach Ansicht des Verwal­tungs­ge­richts zu berücksichtigen gewesen, dass die Schule bei der Sexualerziehung zur Zurückhaltung, Toleranz und Offenheit verpflichtet ist. Die Schule dürfe die Kinder nicht derart indoktrinieren, dass ein bestimmtes Sexualverhalten befürwortet oder abgelehnt wird. Sie müsse das natürliche Schamgefühl der Kinder achten und allgemein Rücksicht auf die religiösen oder weltan­schau­lichen Überzeugungen der Eltern nehmen.

Quelle: Verwaltungsgericht Münster, ra-online (vt/rb)

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