23.11.2024
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Verwaltungsgericht Lüneburg Urteil09.05.2012

Scharfe Kritik an Anti-Castor-Kletteraktion nicht ehrverletzendAktio­ns­klet­ter­künstlerin macht sich selbst zur Person des Zeitgeschehens und muss daher mehr Kritik hinnehmen als außerhalb der öffentlichen Diskussion stehende Personen

Die in einem Fernse­h­in­terview von einem Polizeisprecher im Mai 2010 geäußerte Kritik am Verhalten einer Kletterak­ti­vistin ist nicht als eine unsachliche persönliche ehrverletzende Schmähkritik zu bewerten. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Lüneburg.

Im zugrunde liegenden Streitfall wurde am 20. Mai 2010 im NDR-Fernsehen ein Beitrag gesendet über "20 Jahre Widerstand im Wendland". Dabei wurde auch die Kletterak­ti­vistin portraitiert, und der Bericht wurde mit Filmmaterial von Castor-Transporten unterlegt, bei denen sich die junge Frau aktiv beteiligt hatte. Der Polizeisprecher äußerte in diesem Zusammenhang unter anderem: "... absolut nervig, und das ist absolut krank, was sie macht ...". Weiter meinte er: "Es ist immer die Sorge um den Menschen ..., die also uns veranlasst, überhaupt tätig zu werden, sonst könnten wir sie ja hängen lassen. Aber die ist ja so verrückt, dass sie gar nicht wieder runter kommt, freiwillig manchmal, also dass wir Angst haben müssen, ihre Kräfte werden erlahmen, und irgendwann fällt sie runter und ist schwer verletzt ...". Weiterhin: "... und das ist ein Störfaktor, das muss man irgendwann dann mal unterbinden ...".

Politaktivistin sieht sich durch Äußerungen in ihrer Sozialsphäre verletzt

Mit der im August 2010 erhobenen Klage möchte die Kletterak­ti­vistin den Widerruf der Äußerung erreichen und die Unterlassung vergleichbarer Äußerungen. Sie meint, die Äußerung des Polizei­sprechers habe beleidigenden Inhalt, es handele sich um unsachliche Schmähkritik. Sie sei als Politaktivistin in der Öffentlichkeit bloßgestellt worden und in ihrer Sozialsphäre verletzt.

Äußerungen des Polizeibeamten in der Gesamtschau kein Angriff auf die Persönlichkeit der Kletterak­ti­vistin

Das Verwal­tungs­gericht Lüneburg hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass in den von dem Polizeisprecher verwendeten Begriffen keine ehrverletzende Schmähkritik liege. Die Meinung­s­äu­ße­rungen bewegten sich vielmehr im Rahmen dessen, was die Kletter­künstlerin aushalten müsse. Dabei sei ihre eigene Exponierung in der Öffentlichkeit in Rechnung zu stellen. Ihr Schutzniveau aus dem Persön­lich­keitsrecht stehe nämlich in einem Wechsel­ver­hältnis mit ihrer bewusst gesuchten Exponierung in der Öffentlichkeit. Wer sich wie die junge Frau als Aktio­ns­klet­ter­künstlerin zu einer Person des Zeitgeschehens mache, müsse auch mehr Kritik hinnehmen als jemand, der außerhalb der öffentlichen Diskussion stehe. Aus dem Gesamt­zu­sam­menhang des Interviews wird zudem deutlich, dass es dem Polizeisprecher nicht um eine Herabwürdigung oder Diffamierung in persönlicher Hinsicht gegangen ist. Bewertet wurden vielmehr nur die Kletteraktionen als solche. Aktionen der Kletter­künstlerin mussten von Spezi­a­l­klet­ter­truppen der Polizei beendet werden, was für diese Kräfte nicht ungefährlich gewesen ist. Wenn der Polizeibeamte seine Angst äußert, die Kräfte der Aktivistin könnten erlahmen und sie falle und werde schwer verletzt, zeigt dies zugleich auch die Sorge um den Schutz der Gesundheit und des Lebens der Aktivistin. Bei einer Gesamtschau sind die Äußerungen des Polizeibeamten scharf formuliert und durchaus deutlich überspitzt, die Äußerungen sind aber kein Angriff auf die Persönlichkeit der Kletterak­ti­vistin, sondern eine noch verständliche hinzunehmende Abwehrreaktion gegenüber ihren waghalsigen Aktionen.

Quelle: Verwaltungsgericht Lüneburg/ra-online

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