22.11.2024
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Dokument-Nr. 5744

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Urteil13.04.2000BundesgerichtshofI ZR 282/97
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AfP 2000, 459Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht (AfP), Jahrgang: 2000, Seite: 459
  • GRUR 2000, 703Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2000, Seite: 703
  • MMR 2000, 695Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2000, Seite: 695
  • NJW 2001, 603Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2001, Seite: 603
  • WRP 2000, 1243Zeitschrift: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP), Jahrgang: 2000, Seite: 1243
  • ZIP 2000, 1126Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2000, Seite: 1126
  • ZUM-RD 2000, 325Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Rechtsprechungsdienst (ZUM-RD), Jahrgang: 2000, Seite: 325
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil13.04.2000

Kalkofes Mattscheibe - BGH entscheidet über Satire auf Fernsehshow

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofes hatte darüber zu entscheiden, ob eine von einem Privatsender im Rahmen der Sendung "Kalkofes Mattscheibe" ausgestrahlte Satire auf die Fernsehshow "Der Preis ist heiß" eines anderen privaten Fernsehsenders gegen Urheberrecht oder Wettbe­wer­bsrecht verstößt.

Die Folge der Fernsehshow, die Gegenstand der Satire ist, war im Studio mit einem vielköpfigen Publikum aufgezeichnet worden. Als Sponsor war der Hersteller eines später in einer Spielszene unter Mitwirkung eines Moderators beworbenen Blasen­stär­kungs­mittels genannt worden. In verschiedenen Spielrunden mußten Kandidaten die Preise von Markenartikeln raten, die in der Sendung präsentiert und herausgehoben wurden. Wer dabei treffsicher war, konnte diese Markenartikel als Preise von nicht unbeträcht­lichem Wert gewinnen. Es handelte sich der Sache nach um eine Werbesendung für Markenartikel mit einem eher schlichten und anspruchslosen Niveau.

In dem Satirebeitrag, der eine Gesamtlänge von 1:25 Minuten hat, werden Origi­nal­aus­schnitte aus der Fernsehshow - einschließlich des Werbespots für das Blasen­stär­kungs­mittel - mit einer Gesamtdauer von etwa 58 Sekunden verwendet. Im Anschluß an Bildfolgen vom Beginn der Show und an den - nur geringfügig gekürzt übernommenen - Werbespot "bewirbt" darin Oliver Kalkofe das Blasen­stär­kungs­mittel kabarettistisch als ein Mittel zur Erleichterung des Wasserlassens. Die so beworbene Produktwirkung wird dabei drastisch am "Beispiel" des im Werbespot mitwirkenden Moderators "demonstriert", wobei Bildausschnitte aus einer pantomimischen Darstellung des Moderators aus der Fernsehshow mit neuen Bildfolgen zusam­men­ge­schnitten sind. In der Art eines Abspanns für diesen "Werbespot" zeigen nun verschiedene Ausschnitte aus der Eröff­nungs­sequenz der Fernsehshow wieder das beim Auftritt des Moderators heftig applaudierende Publikum. Im Off kommentiert dazu Kalkofe: "Diese Sendung wurde live vor Publikum in einer geschlossenen Anstalt aufgenommen. Publikum und Moderatoren befinden sich in psychiatrischer Behandlung. Bis zum nächsten Mal!"

Der Senat hat sich der Ansicht des Berufungs­ge­richts, daß der Beitrag in "Kalkofes Mattscheibe" die Rechte der Klägerin an den aus der Fernsehshow übernommenen Bildfolgen verletze und eine wettbe­wer­bs­widrige Herabsetzung des Programms eines konkurrierenden Fernsehsenders sei, nicht angeschlossen. Entgegen der Ansicht des Berufungs­ge­richts beschränke sich der Beitrag nicht darauf, mit Hilfe der Origi­nal­aus­schnitte aus der Fernsehshow, das Problem, bei dem das Blasen­stär­kungs­mittel helfen solle, ins Lächerliche zu ziehen. Nach der antithe­ma­tischen Behandlung der Werbung für das Blasen­stär­kungs­mittel gehe es dem Beitrag vielmehr darum, die ganze Show als niveaulos darzustellen. Diese werde als ein "Stück aus dem Tollhaus" hingestellt. Nach der "Werbung" von Kalkofe würden zwar nur noch Original-Ausschnitte aus der Show gezeigt, aber so ausgewählt, daß sie nun - nachdem das Sponsorprodukt und der Moderator ins Lächerliche gezogen worden seien - als eine Art von Realsatire und als "Beleg" für die mit begleitenden Worten im Off ausgedrückte Pauschalkritik angeführt werden könnten.

Der Beitrag in "Kalkofes Mattscheibe" sei urheber­rechtlich als ein neues selbständiges Werk zu werten, das mit geschickter Montagetechnik darauf hinarbeite, die Fernsehshow bloßzustellen. Es könne sein, daß die darin satirisch gestaltete Kritik als selbst nicht gelungen, geschmacklos, bösartig, gehässig oder ungerecht­fertigt, rechts- oder sittenwidrig angesehen werde. Für die Beurteilung eines Werkes als freie Benutzung einer urheber­rechtlich geschützten Vorlage sei dies jedoch ebensowenig von Belang wie für die Bewertung einer persönlichen geistigen Schöpfung als urheber­rechtlich schutzfähiges Werk. Der Schutz gegen Schmähkritik sowie gegen die Verbreitung rechts- und sittenwidriger Werke sei nicht Aufgabe des Urheberrechts. Ebenso sei die Beurteilung von Geschmacks­fragen nicht Sache der Gerichte.

Die Ausstrahlung des Satirebeitrags durch einen Konkur­renz­sender sei auch nicht als wettbe­wer­bs­widrig anzusehen, sondern liege im Rahmen der durch die Rundfunk­freiheit (Art. 5 GG) geschützten Aufga­ben­stellung des beklagten Fernsehsenders. Zur Aufgabe von Presse und Rundfunk gehöre auch die Medienkritik.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

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