21.11.2024
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Dokument-Nr. 31491

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Verwaltungsgericht Köln Beschluss01.03.2022

Netzwerk­durchsetzungs­gesetz verstößt teilweise gegen UnionsrechtZentralen Punkten der NetzDG-Novelle unanwendbar

Zentrale Vorschriften des novellierten Netzwerk­durchsetzungs­gesetzes (NetzDG) sind wegen Verstoßes gegen unions­rechtliche Vorschriften unanwendbar. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Köln entschieden und damit Eilanträgen der Google Ireland Ltd. und der Meta Platforms Ireland Limited gegen die Bundesrepublik Deutschland teilweise stattgegeben.

Das novellierte NetzDG verpflichtet mit dem neu eingefügten § 3 a Anbieter sozialer Netzwerke dazu, Inhalte, die ihnen im Rahmen einer Beschwerde über rechtswidrige Inhalte (sog. NetzDG-Beschwerde) gemeldet worden sind und welche sie entfernt oder zu denen sie den Zugang gesperrt haben, auf das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für bestimmte Straf­tat­be­stände zu überprüfen. Liegen solche Anhaltspunkte vor, müssen die Inhalte zusammen mit bestimmten Nutzerangaben an das Bundes­kri­mi­nalamt übermittelt werden. § 3 b NetzDG verpflichtet die Anbieter sozialer Netzwerke dazu, ein Gegen­vor­stel­lungs­ver­fahren in Bezug auf Entscheidungen über die Entfernung oder die Sperrung des Zugangs zu einem Inhalt einzuführen. In § 4 a NetzDG wird das Bundesamt für Justiz als für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des NetzDG zuständige Behörde bestimmt.

Eilanträge nur teilweise zulässig

Die in Irland nieder­ge­lassenen Anbieter der sozialen Netzwerke Youtube (Google), Facebook und Instagram (beide Meta) haben mit ihren Eilanträgen jeweils die Feststellung beantragt, dass sie nicht den neu geschaffenen Pflichten des NetzDG unterliegen. Zur Begründung machten sie Verstöße gegen Unionsrecht sowie nationales Verfas­sungsrecht geltend. Dem ist das Gericht teilweise gefolgt. Beide Eilverfahren seien nur zum Teil zulässig. Soweit sie sich auch auf die Pflicht bezögen, ein Gegen­vor­stel­lungs­ver­fahren in Bezug auf Entscheidungen über die Entfernung oder die Sperrung des Zugangs zu einem Inhalt einzuführen, denen keine NetzDG-Beschwerde zugrunde liege, fehle es am Rechts­schutz­be­dürfnis. Insoweit müssten sich die Antrag­stel­le­rinnen auf den Rechtsschutz gegen etwaige aufsichts­be­hördliche Verfügungen verweisen lassen.

BKA-Meldepflicht verstößt gegen Herkunfts­land­prinzip

In der Sache hat das Gericht entschieden, der Gesetzgeber habe bei der Einführung des § 3 a NetzDG gegen das Herkunftslandprinzip der Richtlinie über den elektronischen Geschäfts­verkehr (ECRL) verstoßen. Nach diesem Prinzip richten sich die rechtlichen Anforderungen an einen in einem Mitgliedsstaat der EU nieder­ge­lassenen Anbieter elektronischer Dienste nach dem Recht seines Sitzstaates. Die Antragsgegnerin könne sich nicht auf Ausnahmen von diesem Prinzip berufen, da der Gesetzgeber weder das für Ausnahmen vorgesehene Konsultations- und Infor­ma­ti­o­ns­ver­fahren durchgeführt habe noch die Voraussetzungen eines Dring­lich­keits­ver­fahrens vorgelegen hätten.

§ 4 a NetzDG verstößt gegen die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste'>

§ 4 a NetzDG, der nur im Verfahren von Google Streit­ge­genstand war, verstoße gegen die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, die auf Videos­ha­ring­plattform-Dienste Anwendung finde. Diese statuiere den Grundsatz der rechtlichen und funktionellen Unabhängigkeit der zur Überwachung der Pflich­te­n­er­füllung der Diensteanbieter zuständigen Medienbehörden. Da das als Bunde­s­o­ber­behörde eingerichtete Bundesamt für Justiz mit Sitz in Bonn dem Bundes­mi­nis­terium für Justiz und Verbrau­cher­schutz unterstehe und von diesem Weisungen entgegennehme, könne von der von der Richtlinie geforderten Staatsferne beim Bundesamt für Justiz keine Rede sein.

Gegen­vor­stel­lungs­ver­fahren nach Entscheidungen NetzDG-Beschwerden abgelehnt

Im Verfahren der Meta Platforms Ireland Limited hat das Gericht den Antrag in Bezug auf das mit § 3 b Abs. 1 NetzDG eingeführte Gegen­vor­stel­lungs­ver­fahren nach Entscheidungen über NetzDG-Beschwerden abgelehnt. Zur Begründung führte das Gericht aus, die Vorschrift sei von der Befugnis der EU-Mitgliedstaaten zur Festlegung von Verfahren für die Entfernung einer Information oder die Sperrung des Zugangs zu ihr (Art. 14 Abs. 3 ECRL) gedeckt. Auch ein Verstoß gegen die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistete unter­neh­me­rische Freiheit oder nationales Verfas­sungsrecht sei nicht gegeben. Die gerichtlichen Beschlüsse wirken nur zwischen den jeweiligen Verfah­rens­be­tei­ligten.

Quelle: Verwaltungsgericht Köln, ra-online (pm/ab)

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