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Verwaltungsgericht Kassel Urteil28.04.2022

Ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde Bad Salzschlirf muss keine Schadens­ersatz­zahlungen an die Gemeinde leistenKein Schaden­s­er­satz­an­spruch wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Dienst­pflicht­verletzung

Das Verwal­tungs­gericht Kassel hat mit Urteil vom 27. April 2022 der Klage des ehemaligen Bürgermeisters der Gemeinde Bad Salzschlirf stattgegeben.

Der Kläger war von 2003 bis zu seinem Rücktritt im Jahr 2012 Bürgermeister der Gemeinde Bad Salzschlirf. Im Jahr 2006 wurde ein den Kurort mitprägender Hotelbetrieb, der im Jahr 2000 wegen wirtschaft­licher Schwierigkeiten geschlossen worden war, insbesondere durch die Bemühungen des Klägers und durch Einbeziehung von Investoren, aber auch wegen der Bedeutung des Hotels für die Gemeinde und den Kurbetrieb der Gemeinde, wiedereröffnet. Der Kläger übernahm im Laufe der Jahre neben seinem Amt als Bürgermeister auch zunehmend die Verantwortung für die Geschäfte der beteiligten Gesellschaften. Im Jahr 2012 erfolgte die Insolvenz des Hotels.

Vorwurf schuldhafter Dienst­pflicht­ver­letzung

Die beklagte Gemeinde warf dem Kläger schließlich vor, seine Dienstpflichten als Bürgermeister schuldhaft verletzt zu haben. Er habe es in seiner Funktion als Bürgermeister pflichtwidrig unterlassen, von dem Hotelbetrieb die von den Gästen vereinnahmten Kurtaxen einzufordern. Zudem habe er fällige Grund­be­sitz­abgaben, Wasser- und Stromkosten von dem Hotel nicht beigetrieben. Des Weiteren sei er dafür verantwortlich zu machen, dass ein Anspruch auf Erstattung von Umsatzsteuer gegen das Finanzamt ohne Rechtsgrund an dieses Unternehmen abgetreten worden sei. Nach dem Rücktritt des Klägers als Bürgermeister machte die beklagte Gemeinde im April 2013 aufgrund dieser Vorwürfe mit einem Leistungs­be­scheid eine Schaden­s­er­satz­for­derung in Höhe von ca. 306.000 € gegenüber dem Kläger geltend, gegen den der Kläger vor dem Verwal­tungs­gericht Klage erhoben hatte. Aufgrund der ebenfalls laufenden Ermittlungs- und Strafverfahren gegen den Kläger war das verwal­tungs­ge­richtliche Verfahren im November 2013 zunächst ausgesetzt und nach Abschluss der straf­recht­lichen Verfahren im Oktober 2021 wieder­auf­gerufen worden.

Pflicht­ver­letzung nicht ausreichend nachgewiesen

Das Verwal­tungs­gericht gab der Klage des Klägers auf Aufhebung des Leistungs­be­scheids nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme statt. Der Vorsitzende der 1. Kammer führte zur mündlichen Urteils­be­gründung im Wesentlichen aus, es sei nicht hinreichend nachgewiesen, dass der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Dienstpflichten durch ein Unterlassen verletzt habe. Aufgrund der Aktenlage, insbesondere der beigezogenen straf­recht­lichen Verfahrensakten, sowie der Erkenntnisse aus der mündlichen Verhandlung, in der auch der damalige Leiter der Finanzabteilung der beklagten Gemeinde als Zeuge vernommen wurde, sei deutlich geworden, dass der Kläger seine Infor­ma­ti­o­ns­pflichten gegenüber der Gemeinde nicht schuldhaft verletzt habe. Der Gemein­de­vorstand, der für das Eintreiben der Kurtaxen sowie das Einfordern von Grund­be­sitz­abgaben und Kosten für Strom und Wasser zuständig gewesen sei, sei ausreichend informiert gewesen und habe von den ausstehenden Zahlungen des konkreten Hotelbetriebs (sowie weiterer Kurbetriebe in der Gemeinde) Kenntnis gehabt. Die mündliche Verhandlung habe auch nicht ergeben, dass die Abtretung der Forderung auf Erstattung von Umsatzsteuer gegen das Finanzamt von dem Kläger nachweisbar zu verantworten sei.

Quelle: Verwaltungsgericht Kassel, ra-online (pm/cc)

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