18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 33556

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Verwaltungsgericht Göttingen Urteil16.11.2023

Ausschluss von internationalem Schutz wegen Verbrechen gegen die MenschlichkeitKein internationaler Schutz bei Verbrechen gegen Menschlichkeit

Das Verwal­tungs­gericht Göttingen hat die Asylklage eines afghanischen Staats­an­ge­hörigen abgewiesen, der internationalen Schutz begehrt hatte.

In dem Verfahren hatte ein heute 55-jähriger, im Jahr 2015 mit Ehefrau und Kindern nach Deutschland eingereister afghanischer Staats­an­ge­höriger die Zuerkennung der Flücht­lings­ei­gen­schaft und des subsidiären Schutzes begehrt.

VG weist Klage ab

Die Klage blieb erfolglos, weil das Gericht gesetzliche Ausschluss­gründe sah (vgl. § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 AsylG). Es war nach persönlicher Anhörung des Klägers überzeugt, dass aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt sei, er habe während seiner beruflichen Zugehörigkeit zum afghanischen Geheimdienst in den Jahren 1984 bis 1992 Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen bzw. sich mindestens daran beteiligt. Afghanistan sei in der Zeit von 1978 bis 1992 eine Diktatur gewesen, in der die kommunistische Partei DVPA mit eiserner Hand regiert habe. Die Sicher­heits­dienste der Regie­rungs­partei hätten eine entscheidende Rolle für das Überleben des Regimes gespielt. Die zahlreichen vorsätzlichen Tötungen, Folterungen und Verge­wal­ti­gungen, die der afghanische Geheimdienst zwischen 1980 und dem Sturz des Regimes 1992 begangen habe, seien Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es sei aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit als Offizier des Geheimdienstes einen Tatbeitrag dazu geleistet habe. Mit dem vorliegenden Erkennt­nis­ma­terial sei davon auszugehen, dass vermutlich alle Unteroffiziere und Offiziere persönlich an Verhaftungen, Verhören, Folter und sogar der Hinrichtung von Verdächtigten beteiligt gewesen seien.

Karriere bei Geheimdienst spricht für Beteiligung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Die Einlassung des Klägers, der bestritt, während seiner Zeit beim afghanischen Geheimdienst jemals an einer Menschen­rechts­ver­letzung beteiligt gewesen zu sein, wertete das Gericht als unglaubhafte Schutz­be­hauptung. Jedenfalls sei dem Kläger während seiner Dienstzeit bekannt gewesen, dass Mitglieder des Geheimdienstes in einem immens großen Umfang und "routiniert" Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hätten. Es sei unvorstellbar, dass jemand, der für die afghanischen Sicher­heits­dienste gearbeitet habe und noch dazu - wie der Kläger - acht Jahre lang in der Laufbahn eines Offiziers tätig gewesen und währenddessen viermal befördert worden sei, nichts von den schweren Menschen­rechts­ver­let­zungen gewusst habe, die innerhalb wie außerhalb Afghanistans bekannt gewesen seien. Die afghanischen Sicher­heits­dienste seien während des damaligen Regimes für ihre brutalen Methoden berüchtigt gewesen. Für den Kläger besteht auf Grund bestands­kräftiger Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Beklagte) ein Abschie­bungs­verbot aus humanitären Gründen (vgl. § 60 Abs. 5 AufenthG) wegen einer ihm in Afghanistan drohenden existenziellen Notlage. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: Verwaltungsgericht Göttingen, ra-online (pm/ab)

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