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Verwaltungsgericht Göttingen Urteil16.11.2023
Ausschluss von internationalem Schutz wegen Verbrechen gegen die MenschlichkeitKein internationaler Schutz bei Verbrechen gegen Menschlichkeit
Das Verwaltungsgericht Göttingen hat die Asylklage eines afghanischen Staatsangehörigen abgewiesen, der internationalen Schutz begehrt hatte.
In dem Verfahren hatte ein heute 55-jähriger, im Jahr 2015 mit Ehefrau und Kindern nach Deutschland eingereister afghanischer Staatsangehöriger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes begehrt.
VG weist Klage ab
Die Klage blieb erfolglos, weil das Gericht gesetzliche Ausschlussgründe sah (vgl. § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 AsylG). Es war nach persönlicher Anhörung des Klägers überzeugt, dass aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt sei, er habe während seiner beruflichen Zugehörigkeit zum afghanischen Geheimdienst in den Jahren 1984 bis 1992 Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen bzw. sich mindestens daran beteiligt. Afghanistan sei in der Zeit von 1978 bis 1992 eine Diktatur gewesen, in der die kommunistische Partei DVPA mit eiserner Hand regiert habe. Die Sicherheitsdienste der Regierungspartei hätten eine entscheidende Rolle für das Überleben des Regimes gespielt. Die zahlreichen vorsätzlichen Tötungen, Folterungen und Vergewaltigungen, die der afghanische Geheimdienst zwischen 1980 und dem Sturz des Regimes 1992 begangen habe, seien Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es sei aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit als Offizier des Geheimdienstes einen Tatbeitrag dazu geleistet habe. Mit dem vorliegenden Erkenntnismaterial sei davon auszugehen, dass vermutlich alle Unteroffiziere und Offiziere persönlich an Verhaftungen, Verhören, Folter und sogar der Hinrichtung von Verdächtigten beteiligt gewesen seien.
Karriere bei Geheimdienst spricht für Beteiligung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Die Einlassung des Klägers, der bestritt, während seiner Zeit beim afghanischen Geheimdienst jemals an einer Menschenrechtsverletzung beteiligt gewesen zu sein, wertete das Gericht als unglaubhafte Schutzbehauptung. Jedenfalls sei dem Kläger während seiner Dienstzeit bekannt gewesen, dass Mitglieder des Geheimdienstes in einem immens großen Umfang und "routiniert" Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hätten. Es sei unvorstellbar, dass jemand, der für die afghanischen Sicherheitsdienste gearbeitet habe und noch dazu - wie der Kläger - acht Jahre lang in der Laufbahn eines Offiziers tätig gewesen und währenddessen viermal befördert worden sei, nichts von den schweren Menschenrechtsverletzungen gewusst habe, die innerhalb wie außerhalb Afghanistans bekannt gewesen seien. Die afghanischen Sicherheitsdienste seien während des damaligen Regimes für ihre brutalen Methoden berüchtigt gewesen. Für den Kläger besteht auf Grund bestandskräftiger Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Beklagte) ein Abschiebungsverbot aus humanitären Gründen (vgl. § 60 Abs. 5 AufenthG) wegen einer ihm in Afghanistan drohenden existenziellen Notlage. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.12.2023
Quelle: Verwaltungsgericht Göttingen, ra-online (pm/ab)
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