15.11.2024
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Verwaltungsgericht Gießen Beschluss12.10.2006

Vorerst keine Schließung eines Wettbüros in HessenErfolgreicher Eilantrag eines Sport­wet­te­n­a­bieters

Das Verwal­tungs­gericht Gießen hat dem Eilantrag eines Anbieters von Sportwetten aus dem Wetteraukreis stattgegeben. Der Landrat des Wetteraukreises hatte ihm, gestützt auf das Hessische Gesetz über Sicherheit und Ordnung und den Lotte­rie­staats­vertrag unter Anordnung der sofortigen Vollziehung umfassend das Anbieten von kommerziellen Sportwetten untersagt.

Der Antragsteller vermittelt Sportwetten an Veranstalter die über eine Konzession von Mitgliedstaaten der Europäischen Union verfügen. Durch den Beschluss der 10. Kammer ist nun die Vollziehung der Verfügung erst möglich, wenn diese rechtskräftig geworden ist.

In der Begründung der Entscheidung führt die 10. Kammer aus, bei der summarischen Prüfung im Eilverfahren sei der Ausgang des Verfahrens offen und die Anordnung der sofortigen Vollziehung unter Berück­sich­tigung der Interessen des Antragstellers nicht gerechtfertigt.

Im Einzelnen begründet die Kammer ihre Entscheidung damit, dass die Tätigkeit des Vermittelns von Sportwetten an Veranstalter, die über eine Konzession von Mitgliedstaaten der Europäischen Union verfügten, der Vorschrift des Art. 49 EG-Vertrag (Dienst­leis­tungs­freiheit) unterfalle, was zur Folge habe, dass § 284 StGB und die Normen des Lotte­rie­staats­ver­trages als dem Gemeinschaftsrecht widersprechend und auf diese besondere Fallkon­stel­lation nicht anwendbar anzusehen seien. Soweit der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof die Auffassung vertrete, der Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit sei für eine Übergangszeit zu tolerieren, da die Lotterie-Treuhand­ge­sell­schaft mbH Hessen nach den Vorgaben des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts Maßnahmen eingeleitet habe, die zu einer Begrenzung des staatlichen Wettangebots führten, hat die Kammer Zweifel an der Geeignetheit dieser Maßnahmen im Hinblick auf die damit einhergehenden Einschränkungen gemein­schafts­recht­licher Grundfreiheiten.

Auch dann, wenn man von einer Rechtmäßigkeit der Verbots­ver­fügung ausgehe, sei jedenfalls die Eilbe­dürf­tigkeit des Verbots zu verneinen, da ausgehend von dem Grundrecht auf freie Berufswahl und -ausübung und einer in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Gewerbefreiheit ein Verstoß gegen die Grundrechte festzustellen sei. Die Begründung der Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung überzeuge nicht. Die Anordnung des Sofortvollzugs stelle die Ausnahme dar und erfordere eine über die Begründung für den Verwaltungsakt hinausgehende Darlegung von Gründen für die Eilbe­dürf­tigkeit. Derartige Gründe lägen hier nicht vor. Solange der nationale Gesetzgeber die Unvereinbarkeit der nationalen Regelungen gegen Vertrags­re­ge­lungen der Europäischen Union nicht beseitigt habe, sei im Fall der Vermittlung von Sportwetten im Bereich der Europäischen Union ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verhinderung der beanstandeten Vermittlung im Regelfall zu verneinen. Vielmehr sei eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung, ob das private Interesse des Betroffenen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verbots­ver­fügung weichen müsse, erforderlich. Bei einer Abwägung des öffentlichen mit dem privaten Interesse dürfe u.a. auch der Beschluss des Bundes­kar­tellamts vom 23. August 2006, wonach die bisherige Praxis der Lotte­rie­ge­sell­schaften der Länder als rechtswidrig angesehen werde, nicht unberücksichtig bleiben. Schließlich sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen, so dass auch Beschränkungen der Angebote der privaten Wettanbieter auf bestimmte Personengruppen, die Höhe der Wetteinsätze oder auf den Verzicht auf Werbung in Betracht hätten berücksichtigt werden müssen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Gießen vom 17.10.2006

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