21.11.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.
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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss09.05.2018

Sofortiger Widerruf einer Heil­praktiker­erlaubnis aufgrund Aufforderung zur Vornahme von sexuellen Handlungen einer hypnotisierten PatientinHeilpraktiker ist als sittlich unzuverlässig anzusehen

Fordert ein Heilpraktiker eine Patientin unter Hypnose dazu auf, sexuelle Handlungen vorzunehmen, kann seine Heil­praktiker­erlaubnis sofort widerrufen werden. Denn durch ein solches Verhalten zeigt sich der Heilpraktiker als sittlich unzuverlässig im Sinne von § 2 Abs. 1 f) des Heil­praktiker­gesetzes. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Gelsenkirchen entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 2017 forderte ein Heilpraktiker für Psychotherapie eine unter Hypnose stehende Patientin zur Vornahme von sexuellen Handlungen auf. Die Patientin hatte vor Beginn der Hypnose noch ausdrücklich die Frage des Heilpraktikers verneint, ob sie Sex mit ihm haben wolle. Trotz dessen forderte er die hypnotisierte Patientin dazu auf, seinen Penis anzufassen und daran sexuelle Handlungen vorzunehmen. Sie sollte sich zudem vorstellen, sie beide wären zwei weltbekannte Pornostars und müssten für ihren neuen Pornofilm bestimmte Hardco­re­stel­lungen durchprobieren mit viel Dirty Talk. Er ermunterte zudem die Patientin ihre Hose auszuziehen und ihm ihr entblößtes Gesäß zu zeigen, ihre Beine breit zu machen und zu wollen, dass der Heilpraktiker ihre Klitoris streichle. Die Patientin kam den Aufforderungen nicht nur nach, vielmehr hatte sie von der Sitzung mit ihrem Handy auch eine Audioaufnahme angefertigt. Die zuständige Behörde nahm den Vorfall zum Anlass die Heilpraktikererlaubnis sofort zu widerrufen. Dagegen wehrte sich der Heilpraktiker gerichtlich. Er führte als Rechtfertigung an, dass sein Urologe ihm angesichts seiner Prosta­tae­r­krankung geraten habe, mehr zu masturbieren. Daher habe er die Patientin dazu bringen wollen, bei ihm zu masturbieren.

Rechtmäßiger sofortiger Widerruf der Heilprak­ti­ker­er­laubnis

Das Verwal­tungs­gericht Gelsenkirchen entschied gegen den Heilpraktiker. Der sofortige Widerruf der Heilprak­ti­ker­er­laubnis sei rechtmäßig gewesen. Der Widerruf habe auf § 7 Abs. 1, § 2 Abs. 1 f) des Heilprak­ti­ker­ge­setzes gestützt werden können, da der Heilpraktiker als sittlich unzuverlässig anzusehen sei.

Sittliche Unzuver­läs­sigkeit des Heilpraktikers

Dem Heilpraktiker fehle es offensichtlich an der für die Berufsausübung erforderlichen Vertrau­ens­wür­digkeit, so das Verwal­tungs­gericht. Durch die Aufforderungen mit dem Ziel seiner sexuellen Erregung und Befriedigung habe er die Grenze zwischen der professionellen Beziehung zwischen Therapeut und Patient bei Weitem überschritten und seine Stellung als Therapeut für seine eigenen Zwecke ausgenutzt. Der Heilpraktiker habe in nicht gerecht­fer­tigter Weise in die Intim- und Privatsphäre der Patientin eingegriffen und ihr geschütztes Recht auf sexuelle Selbst­be­stimmung verletzt. Die von ihm abgegebene Begründung, rechtfertige sein Verhalten in keinster Weise.

Charakterliche Schwäche aufgrund sexuellen Übergriffs während Hypnose

Die Art und Weise des sexuellen Übergriffs im Zustand der Hypnose offenbare nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts eine deutliche charakterliche Schwäche in der Persön­lich­keitss­truktur des Heilpraktikers und lasse eine charakterliche Veranlagung erkennen, bei der eine kurzfristige Wandlung nicht anzunehmen sei. Erschwerend seien die Bagatel­li­sie­rungen und Verschlei­e­rungs­versuche hinzugekommen. So habe der Heilpraktiker durch verbale Suggestionen versucht zu erreichen, dass die Patientin den Vorfall nach Beendigung der Hypnose vergessen würde.

Wirtschaftliche und berufliche Interessen treten zurück

Die wirtschaft­lichen und beruflichen Interessen des Heilpraktikers treten nach Ansicht des Verwal­tungs­ge­richts hinter dem Schutz der körperlichen und seelischen Gesundheit der Bevölkerung und der sexuellen Selbst­be­stimmung der Patientinnen als besonders wichtige Gemein­schaftsgüter zurück.

Quelle: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, ra-online (vt/rb)

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