18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Schreibtisch mit einem Tablet, einer Kaffeetasse und einem Urteil.
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil11.07.2012

Großherzoglich Badisches Straßenrecht von 1868 entscheidend für Erschlie­ßungs­bei­trags­pflichtStraßengesetz entscheidet über tatsächliches Bestehen der 1869 angelegten Straße

Anlieger müssen für die endgültige Herstellung (Feinbelag, Gehweg, Entwässerung etc.) einer dem Grunde nach schon 1869 angelegten Straße nur dann keinen Erschlie­ßungs­beitrag mehr zahlen, wenn diese aufgrund eines Ortsstraßen- und Bebauungsplanes nach dem alten Badischen Ortss­tra­ßen­gesetz vom 20.2.1868 „als Ortsstraße zum Anbau bestimmt“ und bis 1961 vollständig plangemäß hergestellt war. Das entschied das Verwal­tungs­gericht Freiburg. Das Urteil stützt sich auf die Würdigung historischer Indizien und nicht zuletzt auf eine gründliche Archivrecherche zur historischen Rechtslage.

Nach dem Kommu­na­l­ab­ga­ben­gesetz dürfe für eine bei Inkrafttreten des Bundes­bau­ge­setzes im Jahre 1961 schon „vorhandene“ Straße kein Erschlie­ßungs­beitrag von den Anliegern mehr verlangt werden. Ob die schon 1869 angelegte Straße im Sinne dieses Gesetzes „vorhanden“ sei, richte sich entgegen der Ansicht des Klägers allerdings nicht allein nach der „tatsächlichen Existenz“ der Straße. Vielmehr komme es zusätzlich darauf an, dass sie nach dem einschlägigen Landesrecht auch „zu Recht“ vorhanden sei. Das aber sei sie nur, wenn sie als eine „zum Anbau bestimmte Ortsstraße“ auf der Grundlage eines Ortsstraßen-, Straßen- oder Baufluchten- oder Bebauungsplans plangemäß hergestellt worden sei, wie dies das „Badische Ortss­tra­ßen­gesetz vom 20.2.1868“ vorgeschrieben habe. Für die Existenz einer solchen planungs­recht­lichen Grundlage trage der Kläger die Beweislast. Sei ein solcher Plan nicht mehr aufzufinden, so könne sich dessen Existenz auch aus hinreichend verlässlichen Indizien ergeben.

Bei der Würdigung der Indizien sei allerdings zu berücksichtigen, dass im ehemaligen Großherzogtum Baden rechtlich gebundener Straßenbau nicht nur nach dem Ortss­tra­ßen­gesetz sondern auch nach dem daneben gültigen (allgemeinen) Straßengesetz (vom 14.1.1868) stattgefunden habe. Nach diesem allgemeinen Straßengesetz geplante und erstellte Straßen aber seien keine gezielt zum Anbau mit Wohnbebauung bestimmte Ortsstraßen, sondern allein der allgemeinen Verkehrs­ver­bindung dienende Zufahrtsstraßen gewesen.

Eine spätere oder sogar nur sehr viel spätere allenfalls sporadische Bebauung mit wenigen Wohnhäusern entlang einer Straße deute darauf hin, dass es zum maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Errichtung kein wirkliches Bedürfnis für die Errichtung von Wohnbebauung an dieser Straße gegeben habe und es sich somit nicht um eine zum Anbau bestimmte Ortsstraße sondern allenfalls um eine allgemeine Zufahrtsstraße handle. Nach allem sei es unerheblich, ob die Straße in den 1930-er Jahren bereits einen Teerbelag gehabt und nach dem allgemeinen Eindruck in den vergangenen Jahrzehnten auf die Anlieger wie eine Anbaustraße gewirkt habe. Denn entscheidend für ihre Qualifizierung als Ortsstraße seien die planungs­recht­lichen Verhältnisse im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Errichtung.

Quelle: Verwaltungsgericht Freiburg/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil13930

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI