21.11.2024
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Dokument-Nr. 6538

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Urteil28.02.2008Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg2 S 1946/06
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil28.02.2008

Grund­s­tücks­teilung schützt nicht vor Erschlie­ßungs­beitragTeilung ist "abwegiger Kniff", um Kosten zu umgehen

Der Eigentümer eines Grundstücks kann sich der Erschlie­ßungs­bei­trags­pflicht nicht teilweise dadurch entziehen, dass er den hinteren Teil des Grundstücks abtrennt und unentgeltlich auf ein Famili­en­mitglied überträgt. Das hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg entschieden und damit eine Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts bestätigt.

Der Sohn der Klägerin ist Eigentümer eines Grundstücks, das im vorderen, an der Straße gelegenen Teil mit einem Wohnhaus bebaut ist; dahinter schließt sich ein Hausgarten an. Nachdem die beklagte Gemeinde angekündigt hatte, Erschlie­ßungs­beiträge für die Straße zu fordern, wurde der hintere Grundstücksteil einschließlich eines Teils der Terrasse abgetrennt und unentgeltlich auf die Klägerin übertragen. Beide Grundstücke werden weiterhin einheitlich genutzt. Ein Zugang vom neuen Hinter­lie­ger­grundstück zur Straße ist nicht durch eine Baulast gesichert. Die Klägerin wurde von der Gemeinde zu einem Erschlie­ßungs­beitrag von über 10.000 EUR herangezogen. Ihre Klage hatte vor dem Verwal­tungs­gericht Erfolg: Das Grundstück gelte zwar als erschlossen, Beitrags­schuldner sei aber der Sohn der Klägerin als der ursprüngliche Eigentümer des Gesamt­grund­stücks.

Die Berufung der Gemeinde gegen dieses Urteil hat der Verwal­tungs­ge­richtshof zurückgewiesen. Er hat zur Begründung ausgeführt: Für das Grundstück der Klägerin sei die Erschlie­ßungs­bei­trags­pflicht entstanden. Es werde durch die Straße zwar nicht nach allgemeinen Grundsätzen als Hinter­lie­ger­grundstück erschlossen, weil seine Erreichbarkeit nicht durch eine Baulast gesichert sei. Die Beitragspflicht folge jedoch aus den steuer­recht­lichen Regeln über den Gestal­tungs­miss­brauch, die hier anwendbar seien.

Ein Missbrauch von rechtlichen Gestal­tungs­mög­lich­keiten liege vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt werde, die zur Erreichung des erstrebten wirtschaft­lichen Ziels unangemessen sei, der Abgaben­min­derung dienen solle und durch wirtschaftliche oder sonstige beachtliche außer­steu­erliche Gründe nicht zu rechtfertigen sei. Unangemessen seien insbesondere abwegige rechtliche Kniffe und Schliche. Maßgeblich sei, ob verständige Beteiligte die Gestaltung in Anbetracht des wirtschaft­lichen Sachverhalts und der wirtschaft­lichen Zielsetzung gewählt hätten. Die Grund­s­tücks­teilung und anschließende Übertragung des Hinter­lie­ger­grund­stücks auf die Klägerin sei in diesem Sinne missbräuchlich; sie sei allein zum Zweck der Vermeidung einer Erschlie­ßungs­bei­trags­pflicht für den Sohn der Klägerin erfolgt. Dies ergebe sich bereits augenfällig aus dem Zuschnitt des abgeteilten Grundstücks, weil dessen Grenze quer durch die Terrasse verlaufe; kein verständiger Beteiligter hätte diese Gestaltung bei der Schaffung eines eigenständigen Hinter­lie­ger­grund­stücks gewählt. Der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen dem Entstehen der Beitragspflicht und der Grund­s­tücks­teilung sowie dem Eigen­tums­übergang vom Sohn auf die Klägerin spreche ebenfalls für einen Missbrauch. Das Vorgehen sei auch deswegen als „abwegiger Kniff“ zu qualifizieren, weil die Zufahrt zum Grundstück nicht gesichert und es damit nicht bebaubar sei. Hätte der Übertragung des Grundstücks tatsächlich die behauptete wirtschaftliche Zielsetzung - nämlich die finanzielle Absicherung der Klägerin für den Fall der Pflege­be­dürf­tigkeit - zugrunde gelegen, so wäre der Klägerin ein Baugrundstück und nicht lediglich ein geringwertiges „Wiesen­grundstück“ übereignet worden.

Als Rechtsfolge dieser Umgehung sei jedoch nicht die Klägerin, sondern deren Sohn zum Erschlie­ßungs­beitrag heranzuziehen. Denn anstelle der tatsächlich gewählten rechtlichen Gestaltung werde die angemessene Gestaltung der Erhebung des Erschlie­ßungs­beitrags zugrunde gelegt. Diese bestehe hier im Unterlassen der Grund­s­tücks­teilung; bei der Beitrags­er­hebung sei folglich vom ursprünglichen Gesamt­grundstück auszugehen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 15.08.2008

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