21.11.2024
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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Beschluss03.01.2008

Hessischer Rundfunk muss NPD-Werbespot für die Hessische Landtagswahl nicht sendenStraftatbestand der Volksverhetzung erfüllt

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hat den Antrag des NPD-Landesverbandes Hessen (Antragsteller) den Hessischen Rundfunk (Antragsgegner) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, einen von ihm angelieferten Werbespot im Rahmen der Wahlwerbung zur Hessischen Landtagswahl am 04.01.2008 im Fernsehprogramm des Hessischen Rundfunks zu senden, abgelehnt.

Mit Schreiben vom 28.12.2007 wies der Hessische Rundfunk einen von der NPD angelieferten Wahlspot dessen Ausstrahlung im Fernsehprogramm des HR am 04.01.2008 erfolgen sollte, aus inhaltlichen Gründen zurück. Zur Begründung führte der HR aus, dass der geplante Werbespot vor allem deshalb zurückzuweisen sei, weil er einen evidenten und nicht leicht wiegenden Verstoß gegen die allgemeinen Gesetze, insbesondere Normen des Strafrechts enthalte. Es liege konkret ein Verstoß gegen § 130 StGB (Volksverhetzung) vor, weil zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt und zudem die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen werde, das Teile der Bevölkerung beschimpft und böswillig verächtlicht gemacht würden. In dem Text werde als Ziel erklärt: „Streichung der Zuschüsse für jüdische Gemeinden, Streichung der Fördergelder für Migration und Integration, Ausweisung aller kulturfremden Ausländer.“ Dem Antragsteller wurde anheim gestellt einen neuen Wahlwerbespot vorzulegen, der nicht gegen die vorgenannten Grundsätze verstoße. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 30.12.2007 die Verpflichtung des Antragsgegners beantragt den Wahlwerbespot in der angelieferten Form zu senden. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Antragsgegner zur Sendung von Wahlwerbespots, auch des Antragstellers, anlässlich der Landtagswahl unstreitig verpflichtet sei. Soweit in dem Text als Ziel der NPD die Streichung der Zuschüsse für jüdische Gemeinden, der Fördergelder für Migration und Integration sowie die Ausweisung aller kulturfremden Ausländern gefordert werde, sei darin keine Volksverhetzung zu sehen.

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hat den begehrten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat die für das Rundfunkrecht zuständige 10. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt am Main ausgeführt, dass den politischen Parteien, die in allen Wahlkreisen Wahlvorschläge eingereicht hätten, Sendezeit zu gewähren sei. Diese Sendezeit müsse gleich lang und gleichwertig sein. Dies bedeute allerdings nicht, dass die Wahlwerbung im Rundfunk oder im Fernsehen keinerlei rechtlichen Schranken unterworfen sei. Vielmehr hätten die Parteien die allgemein geltenden Gesetze zu beachten. Dementsprechend stünden auch die Rundfunk­an­stalten in öffentlicher Verantwortung und könnten die Ausstrahlung von Werbespots davon abhängig machen, dass die Sendezeit in rechtlich zulässiger Weise genutzt werde. Bezugnehmend auf die Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hat die Kammer weiter ausgeführt, dass die Parteien bei ihrer Wahlkampf­tä­tigkeit mithin auch beim Verbreiten von Wahlwer­be­sen­dungen den allgemeinen Gesetzen unterliegen würden. Selbst­ver­ständlich dürfe Wahlwerbung nicht gegen die Verfassung und der mit ihr in Einklang stehenden Gesetze verstoßen oder gar Straf­tat­be­stände erfüllen. In Anwendung dieser Grundsätze sei das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass der angemeldete Werbespot jedenfalls insoweit gegen § 130 Abs. 1 StGB (Volksverhetzung) verstoße, als die Aufforderung eingeblendet sei: „Ausweisung aller kulturfremder Ausländer.“ Diese Aufforderung stelle einer Aufforderung zu Willkür­maß­nahmen dar, die im Sinne des § 130 Abs. 1 StGB (Volksverhetzung) geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu stören. Diese Bewertung folge daraus, dass es evident und offensichtlich dafür keine Rechtsgrundlage gebe. Es handele sich hier um ein sich Hinwegsetzen über die Grundlagen der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Die Aufforderung stehe auch als solche isoliert im Wahlwerbespot und werde dementsprechend isoliert als politisches Ziel der werbenden Partei wahrgenommen. Der dargelegte Verstoß sei auch evident und es könne daher auch dahinstehen, weil nicht mehr entschei­dungs­er­heblich, ob die vom Antragsgegner zusätzlich einzeln oder im Zusammenhang beanstandeten Aussagen im Wahlspot des Antragstellers ebenfalls den Tatbestand des § 130 Abs. 1 (Volksverhetzung) erfüllen würden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 01/08 des VG Frankfurt am Main vom 03.01.2008

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