15.11.2024
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Dokument-Nr. 9205

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Urteil11.02.2010Verwaltungsgericht Frankfurt am Main1 K 2319/09.K
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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil11.02.2010

VG Frankfurt: Deutsche Bundesbank nicht zur Eröffnung eines Girokontos für Versi­che­rungs­konzern verpflichtetBundesbank steht nicht für Privatpersonen oder Versi­che­rungs­un­ter­nehmen kontoführend zur Verfügung

Die Deutsche Bundesbank ist nicht verpflichtet einem großen deutschen Versi­che­rungs­un­ter­nehmen ein Girokonto einzurichten. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Frankfurt.

Im zugrunde liegenden Fall begehrte die Klägerin, der drittgrößte deutsche Versi­che­rungs­konzern, von der Deutschen Bundesbank die Eröffnung eines Girokontos, um für bestimmte Zahlungs­vorgänge eine Zahlungs­plattform nutzen zu können, für die kein Insolvenzrisiko wie bei normalen Geschäftsbanken bestehe. Die Deutsche Bundesbank lehnte die Eröffnung des Girokontos ab, da eine Verpflichtung zur Annahme von Giroeinlagen der Klägerin und anderer Wirtschafts­un­ter­nehmen nicht bestehe. Es bestehe kein Kontra­hie­rungszwang. Im verwal­tungs­ge­richt­lichen Verfahren trug die Bundesbank darüber hinaus vor, die Annahme von Giroeinlagen widerspräche ihrer Aufgabe und Stellung als Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland. Als solche sei sie integraler Bestandteil des Eurosystems, dessen Aufgabe und vorrangiges Ziel die Preisstabilität sei. Als nationale Zentralbank sei sie u. a. für die bankmäßige Abwicklung des Zahlungs­verkehrs im Innland und mit dem Ausland zuständig und trage so zur Stabilität der Zahlungs- und Verrech­nungs­systeme bei.

Bundesbank sieht sich nicht verpflichtet Zahlungs­ver­kehrs­dienst­leis­tungen für jedermann zu erbringen

Dieser „Sorgeauftrag“ für die Abwicklung des bankmäßigen Zahlungs­verkehrs dürfe nicht so verstanden werden, dass sie sämtliche Zahlungs­ver­kehrs­dienst­leis­tungen für jedermann zu erbringen habe. Dieser werde grundsätzlich über die Kreditinstitute abgewickelt. Bereits aus ordnungs­po­li­tischen Gründen sei die Erweiterung des Kreises der potenziellen Kontoinhaber bei der Notenbank abzulehnen. Die Annahme von Giroeinlagen der Klägerin und anderer Wirtschafts­un­ter­nehmen führe gerade in Krisen­si­tua­tionen dazu, dass Liquidität bei den Kredi­t­in­stituten abgezogen würde und so zur Verschärfung der Liqui­di­tätskrise beitrage, was gerade den Aufgaben und Zielen der Deutschen Bundesbank zuwiderliefe.

Versicherung verweist auf Pflicht des Staates zur Gewährleistung einer Grundversorgung

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Bundesbank das ihr eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt und wesentliche Aspekte unberücksichtig gelassen habe. Zu berücksichtigen sei die Pflicht des Staates zur Gewährleistung einer Grundversorgung auch im Bereich der Banken­dienst­leis­tungen als eine für die Funkti­o­ns­fä­higkeit des Gemeinwohls unerlässliche Infra­s­truk­tur­dienst­leistung. Dazu gehöre die Aufrecht­er­haltung der Zahlungssysteme, die nicht allein dem Interesse der Volkswirtschaft, sondern auch dem Interesse der einzelnen Wirtschafts­teil­nehmer diene. Vor dem Hintergrund der noch andauernden Finanz­ma­rktkrise, in der das Insolvenzrisiko der Geschäftsbanken drastisch gestiegen sei, konkretisiere sich die Grund­ver­sor­gungs­ver­pflichtung auch gegenüber der Klägerin, die als großer Versi­che­rungs­konzern systemrelevant sei und am Zahlungsverkehr mit Einzelbeiträgen in Millionenhöhe teilnehme. Angesichts des Gesamtvolumens der Zahlungen der Klägerin habe dies eine immense Hebelwirkung für die Gesamt­wirt­schaft zur Folge. Da die Bundesbank auch weiterhin Giroeinlagen von Unternehmen und Privatpersonen in nicht unerheblicher Höhe verwalte, habe sie nach Art. 3 Abs. 1 GG einen Anspruch auf Gleich­be­handlung. Diese und weitere Aspekte habe die Bundesbank bei ihrer ablehnenden Entscheidung nicht berücksichtigt. Ihr stehe deshalb ein Anspruch auf eine ermes­sens­feh­lerfreie Entscheidung über ihren Antrag zu.

Verwal­tungs­gericht weist Klage wegen Unzulässigkeit ab

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen. Sie hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die mit Hauptantrag erhobene Verpflich­tungsklage bereits unzulässig ist, da die Bundesbank nicht verpflichtet ist, über den Antrag der Klägerin auf Eröffnung eines Girokontos in der Form eines Verwal­tungsaktes zu entscheiden und dies auch nicht getan hat. Die mit Hilfsantrag erhobene Leistungsklage ist zulässig aber unbegründet. Es besteht kein Anspruch der Klägerin auf Neubescheidung ihres Antrags auf Eröffnung eines Girokontos. Ein entsprechender Anspruch resultiert nicht aus dem Grundsatz der Gleich­be­handlung nach Art. 3 Abs. 1 GG, da der Kreis derer, die bislang eine Giroeinlage bei der Bundesbank halten, nicht mit der Klägerin vergleichbar ist. Auch der von der Klägerin vorgetragene Aspekt, sie sei systemrelevant, vermittle keinen Anspruch auf Neubescheidung.

Quelle: ra-online, VG Frankfurt

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