15.11.2024
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Dokument-Nr. 16134

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Beschluss21.05.2013Verwaltungsgericht Darmstadt5 L 304/13.DA
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • ZD 2013, 469Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2013, Seite: 469
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ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Darmstadt Beschluss21.05.2013

Wirtschafts­auskunftei darf bei Auskunfts­an­fragen nicht Mitteilungen über Sperrung von Daten herausgebenVG Darmstadt untersagt bisherige Auskunftspraxis von Wirtschafts­auskunfteien

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt hat entschieden, dass eine Wirtschafts­auskunftei nicht die Mitteilung über eine Datensperrung bei einer Auskunfts­anfrage herausgeben darf. Darüber hinaus ist auch jede andere Formulierung, aus der auf die Tatsache der Sperre bzw. das Vorliegen einer Unregel­mä­ßigkeit geschlossen werden kann, verboten.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Offenbacher Kauffrau, die im Trans­port­gewerbe tätig ist, erhielt von mehreren Leasinggebern, über die sie neue Kraftfahrzeuge anmieten wollte, die Antwort, eine Finanzierung werde abgelehnt, da die Auskunft der angefragten Auskunftei über ihre Bonität zu schlecht sei. Dem nachgegangen brachte die Kauffrau in Erfahrung, dass mehrere bei der Auskunftei gesammelte Erkenntnisse über ihren Geschäfts­betrieb unzutreffend waren. Die gespeicherten Daten wurden daraufhin auf Veranlassung der Kauffrau korrigiert.

Kauffrau strengt Zivilprozess gegen Auskunftei wegen des erlittenen Schadens an

Wegen des erlittenen Schadens strengte die Kauffrau einen Zivilprozess gegen die Auskunftei vor dem Amtsgericht Offenbach am Main an. Daraufhin sperrte die Auskunftei alle Daten über die Kauffrau und teilte anfragenden Leasing­ge­sell­schaften mit, eine Auskunft über die Kauffrau sei nicht möglich. Aufgrund dieser Auskunft unterließen es die Kredit­un­ter­nehmen erneut, eine Geschäfts­be­ziehung zu der Kauffrau aufzunehmen.

Hessischer Daten­schutz­be­auf­tragter beanstandet Verhalten der Auskunftei

Die Kauffrau wandte sich daraufhin an den Hessischen Daten­schutz­be­auf­tragten, der das Verhalten der Auskunftei beanstandete. Nach § 35 Abs. 4 a Bundes­da­ten­schutz­gesetz (BDSG) sei es nicht zulässig, Mitteilungen über die Sperrung von Daten zu machen. Diese seit 1. April 2010 geltende Vorschrift diene dem Schutz des Betroffenen. Die Auskunft, "eine Auskunft über den Betroffenen ist nicht möglich", sei einer Mitteilung über die Sperrung von Daten gleichzusetzen und wecke Zweifel an der Integrität des Betroffenen.

VG bestätigt Untersagung der derzeitigen Auskunftspraxis

Hiergegen erhob die Auskunftei Klage vor dem Verwal­tungs­gericht Darmstadt und begehrte zugleich im Eilverfahren vorläufigen Rechtsschutz. Diesen Eilantrag lehnte das Verwal­tungs­gericht Darmstadt nunmehr ab und bestätigte für die Dauer des noch offenen Klageverfahrens die Untersagung der derzeitigen Auskunftspraxis. Bis zur Rechtskraft dieser Untersagung ist die Auskunftei daher verpflichtet, anfragenden Unternehmen entweder über einzelne gesperrte Daten gar nichts mitzuteilen und diese aus ihrer Gesamtauskunft kommentarlos herauszunehmen oder - etwa bei den eher selten zulässigen Vollsperrungen von Daten - mitzuteilen, dass keine Daten über den Betroffenen vorlägen.

Mitteilung über Datensperrung unzulässig

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt verwies auf die Geset­zes­be­gründung zu § 35 Abs. 4 a BDSG, wonach nicht nur die Mitteilung einer Datensperrung verboten sei, sondern auch jede andere Formulierung, aus der auf die Tatsache der Sperre bzw. das Vorliegen einer Unregel­mä­ßigkeit geschlossen werden könne. Die bisherige Praxis der Antragstellerin, den Anfragenden mitzuteilen, eine Auskunft sei zurzeit nicht möglich, suggeriere gegenüber dem Anfragenden, es seien Informationen über den Betroffenen vorhanden, über die aber - aus Gründen, über die man zu schweigen habe - gegenwärtig nichts preisgegeben werden könne. Im sensiblen Kreditgeschäft ließen solche Auskünfte aufschrecken.

Vollständige Auskunfts­ver­wei­ge­rungen nur ausnahmsweise zulässig

Vollständige Auskunfts­ver­wei­ge­rungen seien zudem nur ausnahmsweise zulässig und bedürften dann einer erläuternden Kommentierung, weil der anfragende Kunde erwarte, dass über einen Betroffenen, über den noch nichts bekannt sei, Nachforschungen wie Einblick in das Handelsregister, in die Schuldnerdatei bzw. eine Selbstauskunft beim Betroffenen eingeholt werde, sodass in der Mitteilung, man habe überhaupt keine Informationen, ebenfalls die verdeckte Mitteilung einer Datensperrung liege.

Die Entscheidung ist die erste zur Frage der Art und Weise der Auskunftserteilung von Auskunfteien im Falle von Datenteil- oder Daten­voll­sper­rungen eines Betroffenen. Solche müssen Auskunfteien vornehmen, wenn der Betroffene die Daten beanstandet und nicht sogleich die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Daten festgestellt werden kann. Der Entscheidung dürfte im Kreditgeschäft überregionale Bedeutung zukommen.

Hinweis:

Erläuterungen

§ 35 BDSG lautet (auszugsweise):

(4) Perso­nen­be­zogene Daten sind ferner zu sperren, soweit ihre Richtigkeit vom Betroffenen bestritten wird und sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen lässt.

(4 a) Die Tatsache der Sperrung darf nicht übermittelt werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Darmstadt/ra-online

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