21.11.2024
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Verwaltungsgericht Darmstadt Beschluss14.05.2013

VG Darmstadt lehnt Eilantrag eines Fünftklässlers auf Rückkehr zu G9 abGeltend gemachter Anspruch ergibt sich weder aus allgemeinem Persönlichkeits­recht noch aus Gleich­behandlungs­grundsatz oder elterlichem Mitbe­stim­mungsrecht

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt hat den Eilantrag eines Schülers der fünften Klasse abgelehnt, mit dem dieser die Schulbehörde dazu verpflichten wollte, ihn vom Schuljahr 2013/2014 an in einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig der Mittelstufe (G 9) zu unterrichten bzw. hilfsweise einem Schulversuch zuzustimmen, der es den fünften Klassen ermöglicht, die Sekundarstufe I in einer 6-jährig organisierten Organi­sa­ti­o­nsform zu durchlaufen. Nach Aussage des Gerichts ergebe sich ein entsprechender Anspruch weder aus dem allgemeinen Persönlichkeits­recht nach Art. 2 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) noch aus dem Gebot der Gleich­be­handlung nach Art. 3 Absatz 1 GG oder dem Mitbe­stim­mungsrecht der Eltern.

Im zugrunde liegenden Streitfall beantragte ein Schüler der fünften Klasse des Überwald-Gymnasiums in Wald-Michelbach im Rahmen eines einstweiligen Rechts­schutz­ver­fahrens, die Schulbehörde dazu zu verpflichten, ihn vom Schuljahr 2013/2014 an in einem 6-jährig organisierten Gymnasialzweig der Mittelstufe (G 9) zu unterrichten bzw. hilfsweise einem Schulversuch zuzustimmen, der es den fünften Klassen am Überwald-Gymnasium ermöglicht, die Sekundarstufe I in einer 6-jährig organisierten Organi­sa­ti­o­nsform zu durchlaufen.

VG verneint Anspruch des Schülers auf gewünschten Unterricht

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt hat diesen Eilantrag abgelehnt. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass sich nach der in einem Eilverfahren allein möglichen "summarischen Prüfung" der Sach- und Rechtslage ein entsprechender Anspruch des Antragstellers weder aus dem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht nach Art. 2 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) noch aus dem Gebot der Gleich­be­handlung nach Art. 3 Absatz 1 GG oder dem Mitbestimmungsrecht seiner Eltern ergebe.

Allgemeines Persön­lich­keitsrecht vermittelt keinen Anspruch auf Änderung oder Erweiterung des schulischen Unter­richts­an­gebots

Das allgemeine Persön­lich­keitsrecht vermittle über einen Mindeststandard an staatlicher Bildungs­ge­währ­leistung hinaus keine weitergehenden Leistungs­ansprüche, insbesondere auch keinen Anspruch auf Änderung oder Erweiterung des schulischen Unter­richts­an­gebots oder eine bestimmte organi­sa­to­rische Gestaltung der Schule. Es sei eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gewesen, dass die Organi­sa­ti­o­ns­än­de­rungen frühestens mit der Jahrgangsstufe 5 im Schuljahr 2013/2014 möglich sein sollten. Ob die Regelung sinnvoll sei, habe das Gericht schon im Hinblick auf den verfas­sungs­recht­lichen Grundsatz der Gewaltenteilung nicht zu beurteilen. Die vom Land Hessen vorgetragene Begründung, die Regelung solle Schülerinnen und Schülern der laufenden Jahrgänge 5 einen Vertrau­ens­schutz dergestalt einräumen, dass ihre Entscheidung für die 5-jährige Organisation der Mittelstufe nicht wieder rückgängig gemacht werden soll, unterliege jedenfalls keinen verfas­sungs­recht­lichen Bedenken. Wenn im Einzelfall, wie offenbar in der Klasse des Antragstellers, ein solcher Vertrau­ens­schutz nicht nötig sei, weil vorgetragen wurde, die Eltern aller Schülerinnen und Schüler hätten ihr Einverständnis mit einer Rückkehr zu "G 9" erteilt, könne dies nichts an der Verbindlichkeit der gesetzlichen Regelung ändern. Die Einwände des Antragstellers in diesem Zusammenhang könnten sich also allenfalls gegen die von ihm für falsch gehaltene Entscheidung des Gesetzgebers richten, nicht aber gegen die der Schulbehörden, die an die eindeutige Regelung des Schulgesetzes gebunden sei.

Kein Verstoß gegen den Gleich­be­hand­lungs­grundsatz

Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Hinblick darauf, dass die kooperativen Gesamtschulen die bestehenden fünften Klassen nach G 9 "hätten mitnehmen können", sei nicht erkennbar. So gelte zum einen der für die Gymnasien in § 24 Abs. 3 Satz 4 HSchG vorgesehene Beginn der Umstellung frühestens mit der neuen Jahrgangsstufe 5 zum Schuljahr 2013/2014 seit der Schul­ge­set­z­än­derung zum 18. Dezember 2012 auch für den Gymnasialzweig der kooperativen Gesamtschulen (§ 26 Abs. 3 HSchG), zum anderen sei eine mögliche Ungleich­be­handlung vor Änderung des Schulgesetzes im Dezember 2012 dadurch gerechtfertigt, dass die kooperativen Gesamtschulen vor der genannten Geset­ze­s­än­derung zwischen der 5- und 6-jährigen Organi­sa­ti­o­nsform hätten wählen können, die Gymnasien dagegen nicht.

Mitbe­stim­mungsrecht der Eltern hier nicht erkennbar

Weiter sei auch kein Anspruch des Antragstellers auf die gewünschte Organi­sa­ti­o­ns­än­derung im Hinblick auf das Mitbe­stim­mungsrecht seiner Eltern erkennbar, da nicht ersichtlich sei, wodurch die Eltern des Antragstellers in ihrem Mitbe­stim­mungsrecht verletzt sein könnten und welche Auswirkungen dies ggf. auf seine eigenen, geltend gemachten Rechte hätte. Es liege auf der Hand, dass eine Entscheidung durch die Schulbehörde und erst Recht des Gesetzgebers rechtlich auch dann möglich sei, wenn sie dem bekundeten Willen von Eltern entgegenstehe.

Vorgesehene Frist zur Anmeldung eines Schulversuchs bereits abgelaufen

Schließlich habe der Antragsteller auch keinen Anspruch auf Durchführung eines Schulversuchs glaubhaft gemacht, der es den fünften Klassen am Überwald-Gymnasium Wald-Michelbach ermöglichen würde, die Sekundarstufe I in einer 6-jährig organisierten Organi­sa­ti­o­nsform zu durchlaufen. Dazu sei schon die vom Kultus­mi­nis­terium vorgesehene Frist zur Anmeldung eines solchen Versuchs für das Schuljahr 2013/2014 am 15. Februar 2013 verstrichen. Der Argumentation des Antragstellers, für das Überwald-Gymnasium hätten die Kriterien für die Genehmigung eines Schulversuchs "variiert" werden müssen, weil dieses lediglich dreizügig eingerichtet sei und insoweit nicht die Kriterien für den Schulversuch erfüllt habe, erteilte die Kammer eine klare Absage. Aus Gleich­be­hand­lungs­gründen ergebe sich kein Erfordernis, für das Überwald-Gymnasium eine besondere Regelung nur deshalb zu schaffen, weil bestimmte Kriterien für die Zulassung zu einem Schulversuch nicht erfüllt seien.

§ 24 Abs. 3 Hessisches Schulgesetz (i.d.F. vom 22.12.2012) lautet (auszugsweise):

"Die Entscheidung über die 5-oder 6-jährige Organisation der Mittelstufe (Sekundarstufe I) trifft die Schulkonferenz auf der Grundlage einer curricular und pädagogisch begründeten, die personellen, sächlichen und unter­richts­or­ga­ni­sa­to­rischen Möglichkeiten der Schule berück­sich­ti­genden Konzeption der Gesamtkonferenz im Einvernehmen mit dem Schulträger. [...] Eine Organi­sa­ti­o­ns­än­derung nach Satz 1 wird ab dem Schuljahr umgesetzt, das dem Beschluss der Schulkonferenz folgt, beginnend jeweils mit der Jahrgangsstufe 5."

Quelle: Verwaltungsgericht Darmstadt/ra-online

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