21.11.2024
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Verwaltungsgericht Darmstadt Urteil13.06.2013

Allgemeine Prüfungs­bestimmungen der Technischen Universität Darmstadt teilweise unwirksamVon der Prüfungs­kom­mission herangezogene Bestimmung fehlt es an gesetzlicher Ermäch­ti­gungs­grundlage

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt hat einen Teil der Allgemeinen Prüfungs­bestimmungen (APB) der Technischen Universität Darmstadt für unwirksam erklärt. Nach Auffassung des Gerichts ist eine "Studi­en­ver­ein­barung", laut der Studierende alle bis dahin noch fehlenden Leistungen aus dem ersten Studienjahr unverzüglich nachzuholen haben, unzulässig. Erst recht, wenn den Studenten bei der Unterzeichnung keine Wahl bleibt und ihnen bei Verweigerung der Unterschrift die Zwangs­exmatrikulation droht.

Im zugrunde liegenden Streitfall klagten zwei Archi­tek­tur­stu­den­tinnen gegen die Feststellung des Prüfungs­aus­schusses, sie hätten ihre Gesamtprüfung nicht bestanden und seien von der Zulassung zu weiteren Studi­e­n­ab­schnitten ausgeschlossen. Die Kommission begründete ihren entsprechenden Feststel­lungs­be­scheid vom 24. Mai 2012 damit, dass die Studentinnen eine am 29. November 2010 mit dem Fachbereich abgeschlossene Studi­en­ver­ein­barung nicht eingehalten hätten. Diese Vereinbarung, die gleichlautend auch zahlreichen anderen Studierenden am gleichen Tag zur Unterschrift vorgelegt worden war, enthielt die Regelung, dass die Studierenden bis zum 1. April 2012 alle bis dahin noch fehlenden Leistungen aus dem ersten Studienjahr zu erbringen hätten.

Prüfungs­kom­mission erklärt persönliche Gründe als nicht ausreichende Entschuldigung für Fristversäumnis

Die Klägerinnen erreichten in der Folgezeit die danach erforderliche Anzahl der Kreditpunkte bis zu dem vorgenannten Datum nicht, hatten dafür aber persönliche Gründe angegeben. Die Prüfungs­kom­mission sah diese nicht als ausreichende Entschuldigung für die Fristversäumung an.

OLG gibt Klage der Studentinnen statt

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt gab den Studentinnen letztlich Recht. Nach Auffassung des Gerichts fehlt der Bestimmung des § 3 a Abs. 6 d) APB, auf die sich die Prüfungs­kom­mission bei ihrer Entscheidung gestützt hatte, eine gesetzliche Ermäch­ti­gungs­grundlage. Eine solche sei aber notwendig, weil die Prüfungsordnung mit dieser Bestimmung in die durch Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes garantierte Freiheit der Wahl des Berufs und der Ausbil­dungs­stätte eingreife. Das dürfe aber nur geschehen, wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich in einem Gesetz vorgesehen habe. Den von der Universität diesbezüglich herangezogenen Vorschriften des Gesetzes zur organi­sa­to­rischen Fortentwicklung der Technischen Universität Darmstadt (TUD-Gesetz) und des Hessischen Hochschul­ge­setzes sei eine Ermächtigung für die Hochschule, solche Satzungs­be­stim­mungen zu erlassen, nicht zu entnehmen.

Studenten wären bei Nicht­un­ter­zeichnung der "Studi­en­ver­ein­barung" zwangs­ex­ma­tri­kuliert worden

Unabhängig davon habe sich die beklagte Universität nicht an ihre eigenen Bestimmungen gehalten. So sei der Unterzeichnung der Vereinbarung nicht ein mit einer Mentorin oder einem Mentor geführtes Beratungs­ge­spräch vorangegangen, was aber in § 3 a Abs. 6 c) APB zwingend vorgeschrieben sei. Schließlich hätten die Klägerinnen auch gar nicht die Möglichkeit gehabt, auf den bereits fertig vorformulierten Inhalt der "Studi­en­ver­ein­barung" Einfluss zu nehmen. Sie hätten auch nicht wirklich die Wahl gehabt, die Vereinbarung zu unterschreiben oder nicht, weil ihnen bei einer Verweigerung der Unterschrift die Zwangs­ex­ma­tri­ku­lation angedroht worden war. Somit könne von dem Abschluss einer "Vereinbarung" im Sinne der Prüfungsordnung nicht die Rede sein.

Hinweis:

§ 3 a Abs. 6 APB (Sicherung des Studienerfolgs) lautet wie folgt:

Erläuterungen

(6) Mindest­leis­tungen

a. Die Ausfüh­rungs­be­stim­mungen können festlegen, dass bis zum Ende des zweiten Fachsemesters eine Mindestleistung (Mindestsumme von Kreditpunkten, eine oder mehrere Prüfungs­leis­tungen) zu erbringen ist.

b. [...]

c. Werden die erforderlichen Leistungen nach a) nicht erbracht, wird mit der Mentorin oder dem Mentor der bisherige Studienverlauf und die Planung des weiteren Studiums besprochen. Der Ablauf des zukünftigen Studiums wird in einer Studi­en­ver­ein­barung festgelegt, die von der oder dem Studierenden mit der Studiendekanin oder dem Studiendekan abgeschlossen wird. In der Studi­en­ver­ein­barung werden zeitliche Vorgaben für das Erbringen von Prüfungs­leis­tungen und den Nachweis der Kreditpunkte festgelegt.

d. Wird die Studi­en­ver­ein­barung nicht erfüllt oder ein Beratungstermin nicht wahrgenommen, stellt die zuständige Prüfungs­kom­mission fest, dass die Gesamtprüfung nicht bestanden ist und der Prüfling von der Zulassung zu weiteren Prüfungen ausgeschlossen ist. Die zuständige Prüfungs­kom­mission kann von der Feststellung absehen, wenn der Prüfling glaubhaft macht, dass die Nichterfüllung oder -teilnahme aufgrund schwerwiegender Umstände nicht vom Prüfling zu vertreten und ein erfolgreicher Abschluss des Studiengangs zu erwarten ist.

Quelle: Verwaltungsgericht Darmstadt/ra-online

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