Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Stadt Forst (Lausitz) hatte sich vor Jahren eine ordnungsbehördliche Verordnung gegeben, nach der bestimmtes Fehlverhalten – auch infolge übermäßigen Alkoholkonsums – verboten ist und geahndet werden kann (z.B. aggressives Betteln, Trinkgelage, Anpöbeln von Passanten, Behinderung von Passanten bei der Nutzung der Verkehrsflächen und Anlagen, Gefährdung anderer durch Liegenlassen von Flaschen und deren Bruchstücken, Beschädigen von Pflanzen, Ausschlafen von Rausch, Schmierereien, Wegwerfen und Zurücklassen von Abfall, Verrichten der Notdurft u.a.).
Im Jahr 2015 änderte die Stadt ihre Verordnung und fügte ein Verbot ein, wonach in sechs Straßenabschnitten nahe eines Einkaufszentrums der Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit verboten sei. Der Landkreis beanstandete dieses Verbot als zu weitgehend und gab der Stadt u.a. auf, die Änderungsverordnung aufzuheben und die betreffenden Verbotsschilder zu entfernen.
Mit ihrem Antrag beim Verwaltungsgericht Cottbus begehrte die Stadt, die Beanstandung vorläufig außer Vollzug zu setzen. Nach Auffassung des Gerichts erscheint das Alkoholkonsumverbot bei überschlägiger Prüfung im Eilverfahren rechtswidrig. Für Alkoholkonsum allein sei nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass darin schon eine für den Verordnungserlass nötige abstrakte Gefahr liege, die es rechtfertige, jeder (auch sich gänzlich harmlos verhaltenden) Person ganzjährig und ganztägig zu untersagen, im Bereich der bestimmten Straßenabschnitte Alkohol zu konsumieren. Insoweit fehle es an hinreichenden konkreten Daten über Zusammenhänge von Alkoholkonsum und Fehlverhalten, insbesondere an Nachweisen, dass ein hoher Anteil von Fehlverhalten alkoholbedingt gewesen sei.
Zudem stehe die Wirksamkeit (Eignung) des örtlich begrenzten Konsumverbots in Frage, weil der Konsum auch in einer ebenso nahen "nicht verbotenen" Straße erfolgen und der Konsument sich danach (wieder) in den für den Konsum "verbotenen", aber nach Einschätzung der Stadt attraktiven Straßenbereich begeben dürfe.
Die Stadt selbst hat überdies gegenüber dem Landkreis gelegentlich erklärt, sie halte ein Verbot für die Zeit "von April bis einschließlich Oktober in der Zeit von 14 Uhr bis 3 Uhr" für "erforderlich und angemessen"; auch dadurch dass das Verbot in der Änderungsverordnung indessen weit darüber hinaus geht, erscheint dieses Verbot dem Gericht weder erforderlich noch angemessen. Auch scheine das Verbot deswegen nicht erforderlich zu sein, weil der Stadt bereits ohne die neue Vorschrift weitreichende Verbote - wie oben genannt - und Mittel zur Verfügung stünden, deren konsequente Durchführung vergleichbar erfolgreich sein dürfe, das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz) aber weniger einschränke.
Außerdem weist das Gericht darauf hin, dass eine ordnungsbehördliche Verordnung nicht lediglich den Zweck haben dürfe, die den Ordnungsbehörden obliegende Aufsicht zu erleichtern (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Ordnungsbehördengesetz). Letztlich gehe es nicht um immer neue Vorschriften, sondern um eine konsequente Durchsetzung der bereits geltenden Regelungen. Dass vor diesem Hintergrund das neue Verbot verhältnismäßig sei, ist nach Ansicht des Gerichts nicht dargetan oder sonst ersichtlich.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.01.2017
Quelle: Verwaltungsgericht Cottbus/ra-online