21.11.2024
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Verwaltungsgericht Braunschweig Beschluss04.01.2013

Zeitliche und räumliche Begrenzung der NPD-Kundgebung auf dem Stadtmarkt gerechtfertigtVollständiges Verbot der Versammlung würde rechtswidrig gegen das Grundrecht der Versamm­lungs­freiheit verstoßen

Das Verwal­tungs­gericht Braunschweig hat entschieden, dass die NPD eine von ihr angekündigte Kundgebung auf dem Stadtmarkt in Wolfenbüttel mit dem Thema "Wir wollen nicht Zahlmeister Europas sein - Raus aus dem Euro" nur mit einer Gesamtdauer von einer Stunde und nur auf der Südost-Seite des Platzes durchführen darf. Das vollständige Verbot der Versammlung verstößt gegen das Grundrecht der Versamm­lungs­freiheit und ist rechtswidrig.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Vertreter der NPD mit Faxschreiben vom 31. Dezember 2012 eine Kundgebung am 7. Januar in der Zeit von 15 bis 18 Uhr auf dem Stadtmarkt in Wolfenbüttel mit dem Thema "Wir wollen nicht Zahlmeister Europas sein - Raus aus dem Euro" angemeldet.

Stadt untersagt NPD-Veranstaltung

Die Stadt Wolfenbüttel untersagte die Veranstaltung mit Bescheid vom 4. Januar 2013. Sie begründete dies u.a. damit, dass mit Konfrontationen zwischen Gegnern und Befürwortern der Veranstaltung gerechnet werden müsse. Darüber hinaus stehe ein Verbotsantrag gegen die NPD unmittelbar bevor. Ferner sei auch mit einer Beeinflussung von Wählerinnen und Wählern zu rechnen, die über den Stadtmarkt das im Rathaus eingerichtete Briefwahlbüro erreichen wollten.

Drohende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch Demonstration nicht ersichtlich

Gegen das vollständige Verbot der Veranstaltung durch die Stadt hat die NPD am 4. Januar um 14 Uhr einen Eilantrag beim Verwal­tungs­gericht Braunschweig gestellt und sich dazu auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit berufen. Das Verwal­tungs­gericht entschied, dass die Versammlung mit einer Gesamtdauer von einer Stunde auf dem Stadtmarkt Wolfenbüttel und dort nur im Bereich der Süd-Ost-Seite stattfinden darf. Das Verwal­tungs­gericht weist in der Entscheidung auf die besondere Bedeutung des durch Art. 8 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland geschützten Versamm­lungs­rechts hin. Nach den vorliegenden Erkenntnissen könne nicht mit der für ein Verbot einer Demonstration notwendigen hohen Wahrschein­lichkeit eine drohende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, die nicht auf anderem Wege abzuwehren sei, festgestellt werden. Das Motto der Veranstaltung "Wir wollen nicht der Zahlmeister Europas sein - Raus aus dem Euro" enthalte keine Anknüp­fungs­punkte dafür, dass auch Ziele der NPD in Bezug auf Antisemitismus und Auslän­der­feind­lichkeit propagiert werden sollten. Ein bevorstehender Verbotsantrag gegen die NPD habe keine rechtlichen Auswirkungen.

Auch NPD steht Grundrecht der Versamm­lungs­freiheit zu

Als Partei, die nicht verboten sei, stehe der NPD ebenso wie anderen politischen Parteien das Grundrecht der Versamm­lungs­freiheit zu. Das Grundrecht der Versamm­lungs­freiheit könne jeder geltend machen solange die von ihm vertretene Gruppierung nicht verboten sei, nicht der auf Tatsachen gestützte konkrete Verdacht von Straftaten bestehe und die Art und Weise der Durchführung der angemeldeten Veranstaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entspreche. Angesichts der hohen Bedeutung des Versamm­lungs­rechts im demokratischen Rechtsstaat reichten die von der Stadt Wolfenbüttel geltend gemachten Befürchtungen und Schwierigkeiten nicht aus, die Versammlung zu verbieten.

Beschränkung des Grundrechts auf Versamm­lungs­freiheit erforderlich

Allerdings sei nach den von der Stadt Wolfenbüttel geltend gemachten Gründen eine Beschränkung des Grundrechts auf Versamm­lungs­freiheit erforderlich. Die Öffentlichkeit der (Brief-) Wahl sei nicht beeinträchtigt, wenn die Veranstaltung räumlich auf den süd-östlichen Teil des Stadtmarktes beschränkt werde. Die Entfernung zum Eingang des Rathauses sei von dort so groß, dass potentielle Briefwähler während der auf eine Stunde beschränkten Veranstaltung nicht bei der Ausübung ihres Wahlrechts behindert würden. Dies gelte auch im Hinblick auf die von der Stadt Wolfenbüttel befürchteten Störungen durch Wahlpropaganda.

Verlegung der Veranstaltung nicht angemessen

Eine Verlegung der Veranstaltung auf einen außerhalb des Stadtkerns gelegenen Ort wie den Schützenplatz hielt das Gericht für nicht angemessen, weil damit die vom Versamm­lungsrecht garantierte Öffent­lich­keits­wirkung nicht gegeben sei.

Quelle: Verwaltungsgericht Braunschweig/ra-online

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