21.11.2024
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Verwaltungsgericht Berlin Urteil16.05.2017

Zuerkennung des Flücht­lings­status für Syrer bei Wehr­dienst­entziehung möglichWehr­dienst­entziehung und illegale Ausreise führen mit großer Wahrschein­lichkeit zu drohender Folter bis hin zum Tod

Syrische Männer, die sich durch ihre Flucht aus Syrien dem Wehrdienst entzogen haben, können unter bestimmten Voraussetzungen die Zuerkennung des Flücht­lings­status beanspruchen. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Berlin erstmals in zwei Grund­sat­z­ur­teilen.

Die Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens, zwei syrische Staats­an­ge­hörige im Alter von 20 bzw. 28 Jahren, hatten ihre Heimat im September 2015 verlassen und waren nach Deutschland eingereist. Die Einberufung des Jüngeren stand nach Erreichen der Volljährigkeit innerhalb weniger Monate bevor. Der Ältere der beiden Kläger hatte wegen seines Studiums hinsichtlich der Ableistung des Wehrdienstes einen Aufschub erhalten, der noch bis zum März 2016 galt. Auf ihren Asylantrag hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beiden den subsidiären Schutz zuerkannt; mit ihrer Klage begehrten sie die Zuerkennung der Flücht­lings­ei­gen­schaft.

Kläger müssten neben Bestrafung wegen Wehrdiens­t­ent­ziehung mit weiteren Verfol­gungs­hand­lungen rechnen

Das Verwal­tungs­gericht Berlin bejahte einen solchen Anspruch. Denn ihnen drohe bei einer Rückkehr nach Syrien eine zielgerichtete politische Verfolgung. Der syrische Staat werde ihnen mit beachtlicher Wahrschein­lichkeit aufgrund der Wehrdiens­t­ent­ziehung, ihrer illegalen Ausreise aus dem Land und der Asylan­trag­stellung eine oppositionelle Haltung jedenfalls zuschreiben. Angesichts der vermeintlichen oder tatsächlichen Oppositionellen in Syrien drohenden Folter bis hin zum Tod bedürfe es nur geringer Anhaltspunkte für die Annahme einer Verfol­gungs­wahr­schein­lichkeit. Neben einer - als solche nicht unver­hält­nis­mäßigen - Bestrafung wegen Wehrdiens­t­ent­ziehung müssten die Kläger nach den vorliegenden Erkenntnissen mit weiteren Verfol­gungs­hand­lungen rechnen. Vor allem der Umstand, dass sie bei einer Rückkehr durch einen Regis­ter­ab­gleich unmittelbar als Wehrdients­ent­zieher identifiziert werden könnten, hebe sie von der Gruppe der aus sonstigen Gründen geflohenen Syrer ab. Dies gelte aber nur, wenn zwischen Ausreise und Beginn der Wehrpflicht ein gewisser zeitlicher Zusammenhang bestehe, der hier - drei bzw. sechs Monate vor der bevorstehenden Einberufung - gegeben sei.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin/ra-online

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