18.10.2024
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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss07.05.2020

Corona-Pandemie: Schrittweise Wiederaufnahme des Präsen­z­un­ter­richts rechtensWiederaufnahme soll nach Jahrgangstufen gestaffelt werfen

Das Land Berlin durfte die öffentlichen Schulen wegen der Corona-Pandemie vorübergehend schließen. Der Präsen­z­un­terricht darf nunmehr schrittweise wieder­auf­ge­nommen werden, wobei nach Klassenstufen differenziert werden kann. Das hat das Verwal­tungs­gericht Berlin in mehreren Eilverfahren entschieden.

Das Land Berlin hatte seine Schulen am 17. März 2020 wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Nach § 11 der SARS-Covid-2-Eindäm­mungs­maß­nah­men­ver­ordnung dürfen u.a. öffentliche Schulen ab dem 27. April 2020 für den Lehrbetrieb unter Einhaltung der Hygieneregeln geöffnet werden. Mit Presse­mit­teilung vom 16. April 2020 teilte die Senats­ver­waltung ihre Planung für die schrittweise Wiedereröffnung der Schulen mit. Danach sollten die 10. Klassen zur Prüfungs­vor­be­reitung auf den Mittleren Schulabschluss ab dem 27. April 2020 in die Schulen zurückkehren. Ab dem 4. Mai 2020 sollten u.a. die 6. Klassen folgen, anschließend sollten die Schulen unter Berück­sich­tigung der Vorgaben des Infek­ti­o­ns­schutzes sukzessive für weitere Jahrgänge geöffnet werden. Um Eilrechtsschutz nachgesucht hatte zum einen eine Schülerin einer 4. Klasse einer Berliner Grundschule, die im Wesentlichen begehrte, ab dem 4. Mai 2020 wieder in die Schule zu gehen. Sie sah eine Ungleich­be­handlung darin, dass das Land Berlin den Präsen­z­un­terricht für 6. Klassen ab diesem Tag wieder aufgenommen hat, nicht aber für ihre Klasse. In einem weiteren Fall hatte der Vater von drei schul­pflichtigen Kindern der Klassen 3, 6 und 8 im Eilverfahren angestrebt, die für Berliner Schulen geplante Wiedereröffnung für bestimmte Klassen bis auf Weiteres zu untersagen. Er hielt Schulöffnungen für derzeit unvertretbar. Gesicherte Erkenntnisse und epide­mi­o­lo­gische Studien zur Rolle von Schulen bei der Verbreitung der Pandemie lägen nicht vor. Kinder dürften nicht als Versuchsobjekte herhalten.

Aufnahme des Unterrichts ab 4.Mai sowie Untersagung von Wiedereröffnung abgelehnt

Das Gericht hat beide Anträge zurückgewiesen. Die Antragsteller könnten weder die Aufnahme des Präsenzbetriebs für bestimmte Schulklassen ab dem 4. Mai 2020 beanspruchen noch die schrittweise Wiederaufnahme des Präsen­z­un­ter­richts verhindern.

Schulbildung wird übergangsweise verändert und nicht verhindert

Die Schul­schlie­ßungen fänden ebenso wie die in der SARS-Covid-2-Eindäm­mungs­maß­nah­men­ver­ordnung getroffenen Regelungen zur Wiederaufnahme des Präsen­z­un­ter­richts eine gesetzliche Grundlage im Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz. Derzeit sei dafür auch noch keine gesetzliche Regelung erforderlich. Der Zugang zur Schulbildung werde nicht verhindert, sondern übergangsweise lediglich verändert. Dies sei für eine Übergangsphase akzeptabel, soweit die Maßnahmen ständig überprüft würden und Angebote für Heimunterricht in angemessener Art und Umfang gewährleistet seien. Lebens- und Berufschancen würden noch nicht langfristig beeinträchtigt. Außerdem sei es gerechtfertigt, den Präsen­z­un­terricht nach Jahrgangsstufen zu unter­schied­lichen Zeitpunkten wieder­auf­zu­nehmen. Das Vorgehen entspreche dem Rahmenkonzept der Kultus­mi­nis­ter­kon­ferenz und ihm lägen sachgerechte Überlegungen zu Grunde.

Lockerungen sollen bisherigen Erfolg nicht gefährden

Die Lockerungen sollten den bisherigen Erfolg der getroffenen Eindäm­mungs­maß­nahmen nicht gefährden. Angesichts der Progno­seun­si­cherheit, wie sich der Präsen­z­un­terricht auswirke und den nicht zu unter­schät­zenden Folgen einer eventuellen (Re-)Dynamisierung des Infek­ti­o­ns­ge­schehens könnte die Wiederaufnahme nach Jahrgangsstufen gestaffelt erfolgen. Die Priorisierung auf Abschluss­klassen (hier: der Grundschulen) erscheine sachgerecht und entspreche dem abgestimmten Vorgehen der Bundesländer.

Vorgesehene Schulöffnung greift nicht in Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ein

Demgegenüber könnten schulpflichtige Kinder nicht verlangen, dass die Schulen bis auf weiteres geschlossen blieben. Die in der Verordnung vorgesehene schrittweise Schulöffnung greife nicht in unver­hält­nis­mäßiger Weise in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ein. Es sei nach derzeitigem Wissensstand unklar, ob Kinder seltener von einer Infektion mit dem Coronavirus betroffen seien als Erwachsene, jedenfalls scheine nach den vorliegenden Erkenntnissen des Robert Koch-Instituts die Symptomatik der Erkrankung bei ihnen weniger ausgeprägt.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/ku)

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