22.11.2024
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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss02.07.2008

Müssen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen entschä­di­gungslos Überwa­chungs­technik anschaffen und bereithalten?Vorlage an das Bundes­ver­fas­sungs­gericht

Das Verwal­tungs­gericht Berlin hat das Klageverfahren eines Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­an­bieters ausgesetzt und dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Kammer sieht einzelne Vorschriften des Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­ge­setzes für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar an.

Die Klägerin - eine deutsche Tochter­ge­sell­schaft eines britischen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmens - bietet anderen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen den Transport von Daten und Sprache im internationalen Verkehr, unter anderem über zwei Vermitt­lungs­ein­rich­tungen, sogenannte ‚Auslandsköpfe', an. Diese dienen allein der Vermittlung von internationalem Telefonverkehr, der über ein der Klägerin gehörendes Transportnetz, das ganz Europa und weltweit 80 Länder berührt, geführt wird. Hinsichtlich dieser ‚Auslandsköpfe' trifft die Klägerin eine im Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­gesetz geregelte, entschä­di­gungslose Verpflichtung zur Anschaffung und Vorhaltung von Überwa­chungs­technik, die u. a. etwa der Staats­an­walt­schaft im Bedarfsfall die Überwachung des Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­verkehrs ermöglichen soll.

Die Kammer, die schon in einem vorläufigen Rechts­schutz­ver­fahren im November vergangenen Jahres der Beklagten untersagt hatte, gegen die Klägerin Maßnahmen wegen mangelnder Umsetzung der beschriebenen Verpflichtung zu ergreifen (vgl. Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­be­treiber muss keine Technik zur Überwachung von Auslands­te­le­fonaten bereit halten), hielt diese entschä­di­gungslose Heranziehung der Klägerin zur Übernahme der genuin hoheitlichen Aufgabe der Überwachung von Telekom­mu­ni­kation im Rahmen der Strafverfolgung für einen unver­hält­nis­mäßigen Eingriff in die Grundrechte der Klägerin auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG) bzw. auf Eigentum am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG). Die Klägerin als Anbieterin von Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­diensten weise keine besondere Sach- und Verant­wor­tungsnähe zu den potentiell durch Telekom­mu­ni­kation vorbereiteten Straftaten auf. Auch sei die Überwachung eine dem Unter­neh­menszweck der Klägerin wesensfremde Aufgabe. Vielmehr sei es der Klägerin verfas­sungs­rechtlich (Art. 10 Abs. 1 GG) aufgegeben, die Telekom­mu­ni­kation ihrer Kunden vertraulich und abhörsicher zu gestalten.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 23/08 des VG Berlin vom 02.07.2008

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