Dokument-Nr. 5338
Permalink https://urteile.news/
Verwaltungsgericht Berlin Beschluss08.11.2007
Telekommunikationsbetreiber muss keine Technik zur Überwachung von Auslandstelefonaten bereit haltenZweifel an Verfassungsmäßigkeit
Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Verpflichtung eines Telekommunikationsbetreibers zur Einrichtung von Vorkehrungen zur sog. Auslandskopfüberwachung vorläufig ausgesetzt. Die Antragstellerin, eine deutsche Tochter eines britischen Telekommunikationsnetzbetreibers, hatte mit ihrem Eilantrag geltend gemacht, einer ihr nach der Telekommunikationsverordnung (TKÜV) obliegenden entsprechenden Verpflichtung aus finanziellen Gründen nicht nachkommen zu können.
Konkret ging es um die Verpflichtung aus § 4 Abs. 2 TKÜV, wonach die Telekommunikation in den Fällen zu erfassen ist, in denen sie von einem den berechtigten Stellen nicht bekannten Telekommunikationsanschluss herrührt und für eine in der Anordnung angegebene ausländische Rufnummer bestimmt ist. Für die dem Verpflichteten hierdurch entstehenden Kosten sieht die TKÜV keine Entschädigung vor.
Das Verwaltungsgericht teilte die Zweifel der Antragstellerin an der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung. Die der Antragstellerin durch die Umsetzung der Verpflichtung entstehenden Kosten in Höhe von 180.000,- Euro pro Auslandskopf für die Technik sowie 450.00,- Euro an jährlichen Personalkosten seien nicht nur geringfügig. Eine entschädigungslose Verpflichtung zur Errichtung und Vorhaltung von Überwachungstechnik sei aber möglicherweise nicht mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (Art. 14 GG) vereinbar. Bei der dem Unternehmen auferlegten Verpflichtung handele es sich um eine genuin staatliche Aufgabe (Verfolgung bestimmter Straftaten), die nicht entschädigungslos auf Private abgewälzt werden könne. Im Rahmen einer Folgenabwägung befand die Kammer, dass die der Antragstellerin durch die Umsetzung der Verpflichtung entstehenden Nachteile schwerer wögen als diejenigen, die entstünden, falls die sog. Auslandsköpfe vorübergehend nicht eingerichtet würden.
Die in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangene Entscheidung ist rechtskräftig; die zuständige 27. Kammer beabsichtigt, die sich stellenden Fragen in einem Hauptsacheverfahren im Jahre 2008 zu klären.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.12.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 40/07 des VG Berlin vom 17.12.2007
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss5338
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.