18.10.2024
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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss17.10.2008

Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­be­treiber muss vorläufig keine Technik zur Vorrats­da­ten­spei­cherung auf eigene Kosten bereit halten

Das Verwal­tungs­gericht Berlin hat die Verpflichtung eines Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­be­treibers zur Einrichtung von Vorkehrungen zur Vorrats­da­ten­spei­cherung vorläufig ausgesetzt. Aufgrund der EG-Richtlinie 2006/24/EG sind die Mitglieds­s­taaten verpflichtet, gesetzliche Regelungen zu erlassen, nach denen die Speicherung von Telekom­mu­ni­kations-Verkehrsdaten bei Anbietern öffentlich zugänglicher Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­dienst­leis­tungen erfolgt. Diese Verpflichtung ist in Deutschland im Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­gesetz (TKG) umgesetzt worden. Die hierfür notwendige Technik muss das Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen auf eigene Kosten anschaffen und betreiben. Ab dem 1. Januar 2009 ist die mangelnde oder unzureichende Umsetzung dieser Verpflichtung als Ordnungs­wid­rigkeit mit einem Bußgeld bewehrt.

Die Antragstellerin, eine deutsche Tochter eines britischen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­netz­be­treibers, hatte mit ihrem Eilantrag geltend gemacht, die Verpflichtung, die Überwa­chungs­technik auf eigene Kosten anzuschaffen und zu betreiben, verletze sie in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit und sei daher verfas­sungs­widrig. Sie müsse einmalige Kosten in Höhe von mindestens 720.000,- Euro aufwenden, um die hierfür erforderlichen technischen Voraussetzungen zu schaffen. Überdies entstünden hierdurch laufende Betriebskosten in Höhe von 420.000,- Euro jährlich. Dies sei insbesondere deshalb unangemessen, weil angesichts ihres Kundenkreises (in erster Linie große Unternehmen, Konzerne sowie Behörden des Bundes und der Länder) kaum Anfragen von Straf­ver­fol­gungs­be­hörden zu erwarten seien.

Keine staatliche Haftung für legislatives Unrecht

Mit ihrem Beschluss untersagte die 27. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts der Bundesnetzagentur vorläufig, gegenüber der Antragsgegnerin Maßnahmen wegen des Unterlassens der Vorhaltung von Anlagen zur Vorrat­da­ten­spei­cherung einzuleiten. Die Kammer hatte die Frage der Verfas­sungs­mä­ßigkeit der Kosten­tra­gungs­pflicht nach § 110 TKG bereits in einem anderen Fall (vgl. Müssen Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen entschä­di­gungslos Überwa­chungs­technik anschaffen und bereithalten?) dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt. Diese Erwägungen seien im Rahmen einer Folgenabwägung auch vorliegend zu berücksichtigen. Danach sei maßgeblich, dass die Antragstellerin keinen Ersatz für ihre Aufwendungen zur Anschaffung und zum Betrieb der Überwa­chungs­technik erlangen könne, falls das Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Kostenregelung später für nichtig erkläre. Denn es gebe keine staatliche Haftung für legislatives Unrecht. Dieser mögliche Schaden für die Antragstellerin sowie die bei einer Aussetzung der Verpflichtung zur Einrichtung von Vorkehrungen zur Vorratsdatenspeicherung entstehende Überwa­chungslücke könne allerdings vermieden werden; denn die Bundesrepublik Deutschland könne sich verpflichten, die Aufwendungen der Antragstellerin für den Fall zu ersetzen, dass das Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Kostenregelung für nichtig erkläre. Ob die Regelungen zur Vorrats­da­ten­spei­cherung selbst verfas­sungsgemäß sind, spielt nach ausdrücklichem Hinweis des Gerichts für die getroffene Entscheidung keine Rolle.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 37/08 des VG Berlin vom 21.10.2008

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