Dokument-Nr. 606
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Verwaltungsgericht Berlin Urteil15.06.2005
Verharmlosung von Naziverbrechen: Lehrer darf im Amt bleibenGericht hebt Dienstsuspendierung auf - 10 prozentige Gehaltskürzung für 1 Jahr
Das Verwaltungsgericht Berlin hat in einem Disziplinarverfahren gegen einen Geschichtslehrer eines Berliner Gymnasiums eine 10 prozentige Gehaltskürzung für 1 Jahr angeordnet.
Die Schulbehörde hatte den Geschichtslehrer vor viereinhalb Jahren mit dem Vorwurf der Verharmlosung von Naziverbrechen und anderer Vorwürfe vom Dienst suspendiert. Die von diesem angerufene Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts folgte nicht dem Antrag der Schulverwaltung, den Beamten aus dem Dienst zu entfernen. Es lehnte auch den Antrag der Verteidigung des Beamten auf Freispruch ab. Die Disziplinarkammer sah es als erwiesen an, dass der Lehrer im Geschichtsunterricht in zwei Schuljahren leichtfertig den Verdacht erweckte, ein Rechtsextremist zu sein. Dadurch habe er dem Ansehen der Lehrerschaft des Landes Berlin und seiner Schule schweren Schaden zugefügt sowie den im Berliner Schulgesetz festgelegten Bildungsauftrag verletzt. Zwar bescheinigte das Gericht dem Lehrer nach vier Verhandlungstagen, kein Rechtsextremist zu sein. Er habe jedoch den Eindruck hinterlassen, er relativiere die Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Schüler einer 10. Klasse hätten weder das Fachwissen noch die Reife besessen, mit seinen geschichtswissenschaftlichen Differenzierungen zum Nationalsozialismus sowie Vergleichen verschiedener Diktatoren des 20. Jahrhunderts angemessen umzugehen. Bei ihnen entstand der - von dem Beamten nicht beabsichtigte - Eindruck, die “Nazis” seien “gar nicht so schlimm” gewesen.
Wegen fehlender Einsicht des Beamten in die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens und weiterer, andersgearteter Vorwürfe sah das Gericht als förmliche Disziplinarmaßnahme eine Gehaltskürzung für erforderlich an. Eine Entfernung des Beamten aus dem Dienst lehnte es ab, weil der schwerwiegendste Vorwurf bereits mehr als zehn Jahre zurückliege und der Beamte sich dadurch nicht als untragbar erwiesen habe. Weder habe der Beamte sich der Volksverhetzung schuldig gemacht noch der Verletzung der beamtenrechtlichen Treuepflicht. Dem Beamten sei auch zu Gute zu halten, dass er disziplinar nicht vorbelastet und durch die jahrelange Suspendierung und eine gegen ihn öffentlich geführte Kampagne psychisch erheblich belastet worden sei. Sein Ruf sei kaum noch wiederherstellbar. Wegen der Nichtöffentlichkeit des Disziplinarverfahrens sah sich das Gericht zu näheren Angaben nicht in der Lage.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.06.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 28/05 des VG Berlin vom 15.06.2005
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