15.11.2024
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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss04.11.2008

Bekannter Neonazi darf auf Demonstration nicht zugleich als Redner und Versamm­lungs­leiter auftretenVollständiges Verbot der Versammlung wäre unver­hält­nismäßig

Das Verwal­tungs­gericht Aachen hat dem Antrag des Veranstalters, eines bekannten deutschen Neonazis, gegen das Verbot der geplanten Demonstration unter dem Motto "Gegen einseitige Vergan­gen­heits­be­wäl­tigung! Gedenkt der deutschen Opfer!" unter Auflagen stattgegeben. So darf der Antragsteller, der die Versammlung angemeldet hat und veranstaltet, nicht selbst als Redner und als Versamm­lungs­leiter auftreten.

Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt: Wegen einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit habe der Polizei­prä­sident dem Antragsteller zu Recht verboten, als Redner und als Versamm­lungs­leiter aufzutreten. Denn in diesem Fall käme es mit hoher Wahrschein­lichkeit zu einem Verstoß gegen § 130 Abs. 4 StGB - Verherrlichung der natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Gewalt- und Willkür­herr­schaft. Schon das Thema der Versammlung könne nur so verstanden werden, dass die aus der Sicht des Antragstellers in Bezug auf die Rolle Hitlers und der NSDAP unrichtige Darstellung der deutschen Geschichte thematisiert werden solle. Bereits auf einer Veranstaltung des Antragstellers am 09. November 2004 unter dem Motto "Gegen einseitige Vergan­gen­heits­be­wäl­tigung" sei es zum Skandieren rechtsextremer Parolen, zur Verwendung von Kennzeichen verfas­sungs­feind­licher Organisationen sowie zu einer Verherrlichung und Verharmlosung des Natio­nal­so­zi­a­lismus gekommen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Antragsteller nicht auch die nun anstehende Versammlung dazu nutzen würde, die natio­nal­so­zi­a­lis­tische Gewalt- und Willkür­herr­schaft zumindest zu billigen. Dafür spreche auch die Persönlichkeit des Antragstellers. Er vertrete ein natio­nal­so­zi­a­lis­tisches und antisemitisches Weltbild und sei mit allen - auch straf­recht­lichen - Konsequenzen dazu bereit, seine Ansichten in der Öffentlichkeit zu propagieren.

Gericht: Vollständiges Verbot der Versammlung wäre rechtswidrig

Ein vollständiges Verbot der Versammlung am 08. November 2008 sei dagegen im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts rechtswidrig. Es liege zwar nahe, dass einzelne Teilnehmer erneut Straf­tat­be­stände erfüllen würden. Aber es sei nicht "fast mit Gewissheit" anzunehmen, dass es dazu komme. Denn es sei ungewiss, wer an der Versammlung teilnehme. Dass es in Zusammenhang mit früheren Versammlungen zu straf­recht­lichen Verurteilungen gekommen sei, habe der Polizei­prä­sident nicht erklärt. Ob Straftaten nach § 130 StGB vorlägen, sei überdies im Einzelfall nur schwer zu beurteilen. Ein vollständiges Verbot sei überdies unver­hält­nismäßig. Da nur Straftaten in geringer Zahl durch einzelne Versamm­lungs­teil­nehmer zu erwarten seien, sei es dem Polizei­prä­si­denten zuzumuten, gegen diese konkret vorzugehen. Ansonsten könnte jede Versammlung, bei der die Teilnahme der gleichen rechtsextremen Szene wie am 8. November zu erwarten ist, verboten werden. Mit der Meinungs- und Versamm­lungs­freiheit sei das nicht zu vereinbaren.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Aachen vom 04.11.2008

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