Thüringer Oberlandesgericht Jena Beschluss06.01.2010
Thüringer OLG zu Verkehrsüberwachungen per Videoaufzeichnung und einem daraus resultierenden Verstoß gegen das Recht auf informationelle SelbstbestimmungBeweiserhebungsverbot nur dann gegeben, wenn Verkehrsaufzeichnung verdachtsunabhängig erfolgt
Eine Verkehrsüberwachung per Videoaufzeichnung kann nur dann wegen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als unzulässig erklärt werden, wenn zuvor kein "konkreter Anfangsverdacht" für einen Verkehrsverstoß vorgelegen hat. Dies hat das Thüringer Oberlandesgericht entschieden.
Der Bußgeldsenat des Thüringer Oberlandesgericht hatte über die Rechtsbeschwerde eines Betroffenen zu entscheiden, der vom Amtsgericht wegen einer - außerorts begangenen - Geschwindigkeitsüberschreitung von 51 km/h zu einer Geldbuße von 150,- € und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt worden war. Die Rechtsbeschwerde war maßgeblich auf den Beschluss des BVerfG vom 08. November 2009 gestützt worden; der mit Fotoaufnahmen geführte Nachweis, zu schnell gefahren zu sein, verstoße gegen Verfassungsrecht (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 20.08.2009 - 2 BvR 941/08 -).
Dieser Argumentation ist das Thüringer Oberlandesgericht nicht gefolgt und hat die Rechtsbeschwerde verworfen.
Fotoaufnahmen nur bei fehlendem Anfangsverdacht für einen Verkehrsverstoß unzulässig
Zur Begründung heißt es in der Entscheidung des Bußgeldsenats, Videoaufzeichnungen oder Fotoaufnahmen seien nur dann verfassungswidrig erhobene und deshalb unzulässige (verbotene) Beweismittel, wenn kein "konkreter Anfangsverdacht" für einen Verkehrsverstoß vorgelegen habe. Den Fall verdachtsabhängiger Aufzeichnungen oder Aufnahmen habe das BVerfG "nicht angesprochen". Es habe sich (nur) mit dem Sachvortrag des Beschwerdeführers befasst, wonach sämtliche Fahrzeuge verdachtsunabhängig gefilmt und die Aufzeichnungen anschließend auf Verkehrsverstöße ausgewertet worden seien.
Verdachtsunabhängiger Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung liegt nicht vor
In dem vom Thüringer Oberlandesgericht entschiedenen Fall lag der Sachverhalt anders. Hier war die Geschwindigkeitsüberschreitung zunächst maschinell festgestellt worden. Erst dann wurde die Fotoaufnahme ausgelöst und so eine Zuordnung zu Fahrzeug und Fahrer ermöglicht. Damit sei "die Entscheidung des BVerfG vom 11. August 2009 nicht einschlägig; ein verdachtsunabhängiger Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung findet nicht statt."
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.01.2010
Quelle: ra-online, Thüringer OLG