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Thüringer Oberlandesgericht Jena Beschluss30.06.2011

Belei­di­gungs­ver­ur­teilung: NPD-Wahlplakat mit Konterfei des CDU- Integra­ti­o­ns­be­auf­tragten und dem Slogan "echte" und "falscher Thüringer" unzulässigNicht sachliche politische Ausein­an­der­setzung mit der CDU, sondern Diffamierung des Geschädigten steht bei Plakatierung im Vordergrund

Das Thüringer Oberlan­des­gericht hat als dritte und letzte Instanz ein Urteil bestätigt, mit dem der Spitzenkandidat der NPD für die Thüringer Landtagswahlen im August 2009 wegen Beleidigung eines CDU- Mitglieds zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Grund für den Streit war ein Wahlplakat, auf dem der CDU-Integra­ti­o­ns­be­auf­tragte als "falscher Thüringer" bezeichnet wurde.

Der Angeklagte des zugrunde liegenden Verfahrens war für ein Wahlplakat der NPD verantwortlich, auf dem das Konterfei des aus Angola stammenden (dunkelhäutigen) Integra­ti­o­ns­be­auf­tragten der Thüringer CDU mit dem Untertitel „falscher Thüringer“ neben einer als „echte Thüringer“ bezeichneten Bratwust abgebildet war. Das Plakat war in der Zeit vom 22. bis 31. August 2009 in verschiedenen Thüringer Städten und Gemeinden (Nordhausen, Saalfeld, Gera etc.) aufgehängt.

Amtsgericht verurteilt Verant­wort­lichen für Wahlplakate zu Geldstrafe

Das Amtsgericht Heilbad Heiligenstadt hatte den Angeklagten im Juli vergangenen Jahres zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Seine hiergegen eingelegte Berufung blieb erfolglos. Das Landgericht Mühlhausen verwarf sie im Dezember letzten Jahres. Nun blieb auch die Revision beim Thüringer Oberlan­des­gericht ohne Erfolg. Schuld- und Strafausspruch sind jetzt rechtskräftig.

Geschädigter bereits in vorangegangenen Pressekampagnen der NPD als "CDU-Quotenneger" bezeichnet

Das Thüringer Oberlan­des­gericht verwarf die Revision des Angeklagten. Der Belei­di­gung­s­tat­bestand sei erfüllt, da – so heißt es in den Beschluss­gründen – „die Plakat­dar­stellung die Erklärung impliziere, dass der Geschädigte als Mensch mit dunkler Hautfarbe deswegen in Thüringen nichts zu suchen habe, also eine Äußerung, die ihm einen nicht vorhandenen Mangel an personalem Geltungswert nachsage“. Die Diffamierung des Geschädigten und nicht etwa die sachliche – im Wahlkampf legitime – politische Ausein­an­der­setzung mit der CDU und deren Auslän­der­politik stünde im Vordergrund, weshalb sich der Angeklagte auch nicht auf eine Wahrnehmung berechtigter Interessen im Rahmen politischer Meinungsbildung berufen könne. Bei der Bewertung der „Verunglimpfung des Geschädigten, mit dem Ziel ihn wegen seiner Hautfarbe als Person zu entwerten“, hat der Senat auch die dem Wahlplakat vorangegangene Pressekampagne der NPD berücksichtigt, in der der Geschädigte als „CDU-Quotenneger“ bezeichnet worden war, den man „animieren wolle, in seiner Heimat Angola ein neues Leben zu beginnen“.

Hintergrund:

Der Belei­di­gung­s­tat­bestand ist im Strafgesetzbuch (StGB) in § 185 geregelt.

Die Vorschrift im Wortlaut:

"Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

Der vom 1. Strafsenat hier verneinte besondere Recht­fer­ti­gungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen ist in § 193 StGB geregelt.

Diese Vorschrift lautet wie folgt:

"Tadelnde Urteile über wissen­schaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, desgleichen Äußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von Seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht."

Quelle: Thüringer Oberlandesgericht/ra-online

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