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- Keine Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten aus Mitteln der SozialhilfeLandessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss15.12.2016, L 9 SO 631/15
Sozialgericht Osnabrück Urteil07.02.2019
Arbeitsunfall auch bei Cannabis-Konsum nicht ausgeschlossenVerbotswidriges Handeln schließt Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht grundsätzlich aus
Das Sozialgericht Osnabrück hat entschieden, dass ein versicherter Wegeunfall nicht dadurch generell ausgeschlossen ist, dass der Versicherte Cannabis konsumiert hat.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 1981 geborene Kläger erlitt am 4. Mai 2017 gegen 13.30 Uhr auf dem direkten Weg von seinem Wohnort zum Beschäftigungsort einen Verkehrsunfall. Der Kläger war mit einem E-Fahrrad unterwegs. Bei einer Straßenüberquerung übersah er einen von rechts kommenden Pkw. Dieser konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen. Der Kläger schlug mit dem Körper auf die Windschutzscheibe des Pkw auf. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens gab er an, dass er am Abend vor dem Unfall zwischen 20 und 22 Uhr eine Cannabis-Zigarette geraucht habe. Er habe regelmäßig Cannabis geraucht. Die Wirkung halte bei ihm aber nur wenige Stunden an, sodass er am nächsten Morgen nicht mehr unter Einfluss der Droge gestanden habe. Er habe das von rechts kommende Auto schlicht übersehen.
Berufsgenossenschaft verweist auf drogenbedingtes Fehlverhalten
Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte eine Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Allein aufgrund des nachgewiesenen THC-Werts von 10 ng/ml im Serum sei von einem drogenbedingten Fehlverhalten auszugehen.
Wert für absolute Fahruntüchtigkeit mangels gesicherter Dosis-Wirkung-Beziehung bei Cannabis nicht gegeben
Das Sozialgericht Osnabrück schloss sich dieser Einschätzung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht an. Ein verbotswidriges Handeln schließe den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht grundsätzlich aus, so das Gericht. Auch das sogenannte Rechtsinstitut der selbstgeschaffenen Gefahr greife vorliegend nicht ein. Denn für Cannabis gebe es im Unterschied zu Alkohol keine gesicherte Dosis-Wirkung-Beziehung und damit auch keinen Wert für eine absolute Fahruntüchtigkeit. Allein aufgrund der Blutuntersuchung nach dem Unfall lasse sich deshalb keine konkrete Beeinträchtigung der Wegefähigkeit nachweisen; auch reiche allein ein objektiv riskantes Verhalten nicht aus. Vielmehr müssten daher auch bei einem nachgewiesenen THC-Wert von 10 ng/ml im Serum immer Beweiszeichen vorliegen, die es nahelegen, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt rauschmittelbedingt zu einer zweckgerichteten Absolvierung des Weges nicht mehr imstande gewesen ist. Hierfür trage die Beklagte die Beweislast.
Unachtsames Überqueren der Straße auch ohne Drogeneinfluss möglich
Eine konkrete Beeinträchtigung des Klägers durch den Drogenkonsum im Unfallzeitpunkt habe sich laut Gericht aber nicht feststellen lassen. Zwar habe sich dieser nicht an die Straßenverkehrsordnung gehalten, da er die Straße überquerte, ohne ausreichend auf den von rechts kommenden Verkehr zu achten. Dabei handele es sich aber zur Überzeugung des Gerichts nicht um ein klares Anzeichen für eine drogenbedingte Fahruntüchtigkeit. Vielmehr könne eine solche Unachtsamkeit auch ohne Drogeneinfluss geschehen. Hierzu wies das Gericht darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch nicht den Versicherungsschutz beende, wenn ein Versicherter aus bloßer Unachtsamkeit die Fahrspur wechsele oder fahrlässig auf die Gegenfahrbahn gerate. Über den Verkehrsverstoß hinaus hätten weder die Zeugen noch die Notärzte irgendwie geartete drogenbedingte Anzeichen angegeben bzw. festgestellt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.04.2019
Quelle: Sozialgericht Osnabrück/ra-online (pm)
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