23.11.2024
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Sozialgericht Osnabrück Urteil15.04.2019

MS-Patient hat bei möglicher Alter­na­tiv­therapie keinen Anspruch auf Versorgung mit medizinischem CannabisVerwendung von Cannabis kann nicht zur Prophylaxe der Multiplen Sklerose erfolgen

Das Sozialgericht Osnabrück hat entschieden, dass ein Patient mit Multipler Sklerose keinen Anspruch auf die Versorgung mit medizinischem Cannabis hat, wenn es eine Alter­na­tiv­therapie gibt.

Der 1978 geborene Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens leidet seit 2006 unter einer chronischen, schubweise verlaufenden Multiplen Sklerose. Der den Kläger behandelnde Neurologe und Psychiater verordnete eine Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten zulasten der beklagten gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung.

Beklagte verweist auf alternative Behand­lungs­mög­lich­keiten

Die Beklagte lehnte die Versorgung des Klägers mit medizinischem Cannabis ab, da nach einer gutachtlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) die Versorgung des Klägers auch mit dem alternativen Arzneimittel S. möglich sei.

MDK verneint besondere Schwere der Erkrankung beim Kläger

Der Kläger wandte hiergegen ein, Cannabisblüten hätten eine bessere Wirksamkeit zur Behandlung der Multiplen Sklerose als das vorgeschlagene Arzneimittel. Die beklagte Kranken­ver­si­cherung holte daraufhin ein Gutachten durch den MDK ein, der eine besondere Schwere der Erkrankung bei dem Kläger nicht dokumentiert sah. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Thera­pie­al­ter­native nicht zur Verfügung stehe oder nicht zur Anwendung kommen könne. Die Krankenkasse wies deshalb den Widerspruch des Klägers mit Wider­spruchs­be­scheid vom 14. Mai 2018 zurück.

Sachverständige benennt verschiedene anerkannte medikamentöse Therapien als Alternative

Dieser Einschätzung schloss sich das Sozialgericht Osnabrück nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung an und stützte sich dabei insbesondere auch auf ein durch das Gericht eingeholtes Sachver­stän­di­gen­gut­achten. Ein Anspruch des Klägers nach § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB V besteht nicht. Denn bei dem Kläger liegt zwar eine schwerwiegende Erkrankung vor, jedoch steht eine Alter­na­tiv­therapie zur Verfügung, die auch bei dem Kläger zur Anwendung kommen kann. So konnte der gerichtlich bestellte Sachverständige für die unter­schied­lichen Beschwerden des Klägers infolge der Erkrankung mit Multipler Sklerose verschiedene anerkannte medikamentöse Therapien benennen, die der Kläger nach eigenen Angaben noch nicht ausprobiert hat. Cannabis kann darüber hinaus nach der medizinischen Lehrmeinung nicht zur Prophylaxe (Vorbeugung) der Multiplen Sklerose verwendet werden.

Hinweis zur Rechtslage

Fünftes Buch Sozial­ge­setzbuch (SGB V)

§ 31 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2

Erläuterungen

Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standa­r­di­sierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung

a) nicht zur Verfügung steht oder

b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berück­sich­tigung des Krank­heits­zu­standes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,

2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krank­heits­verlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist.

Quelle: Sozialgericht Osnabrück/ra-online (pm/kg)

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