18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen vier Hände, die ineinander greifen.
ergänzende Informationen

Sozialgericht Leipzig Urteil03.05.2017

Kranken­geldan­spruch besteht auch ohne förmliche Bescheinigung der Arbeits­un­fä­higkeitFeststellung der Arbeits­un­fä­higkeit durch einen Arzt ausreichend

Das Sozialgericht Leipzig hat entschieden, dass der Anspruch auf Krankengeld im Einzelfall nicht zwingend voraussetzt, dass Arbeits­un­fä­higkeit förmlich bescheinigt wird. Ausreichend ist vielmehr eine Feststellung der Arbeits­un­fä­higkeit durch einen Arzt, der auch nicht zwingend als Vertragsarzt im Rahmen der kassen­ärzt­lichen Versorgung zugelassen sein muss.

Krankengeld ist eine Entgel­ter­satz­leistung der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung und wird insbesondere dann gezahlt, wenn ein Versicherter infolge einer länger als sechs Wochen andauernden Krankheit arbeitsunfähig ist. Wegen derselben Krankheit wird Krankgeld längstens für 78 Wochen gewährt. Das (Brutto-) Krankengeld beträgt 70 % des regelmäßigen beitrags­pflichtigen (Brutto-) Arbeitsentgelts jedoch höchstens 90 % des Netto­a­r­beits­entgelts.

Sachverhalt

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens war nach einem erlittenen Polytrauma an einem Freitag aus einer stationären Anschluss­heil­be­handlung entlassen worden. Wegen ungünstiger Sprechzeiten des Hausarztes erhielt sie bei diesem erst am folgenden Dienstag einen Termin zur Untersuchung. Der Hausarzt bescheinigte ihr rückwirkend auf den Entlassungstag Arbeitsunfähigkeit.

Krankenkasse: Verspätete ärztliche Feststellung hat Verlust des Kranken­geldan­spruchs zur Folge

Die Krankenkasse verweigert eine Kranken­geld­zahlung und berief sich hierzu auf § 46 Satz 2 Sozial­ge­setzbuch Fünftes Buch (SGB V)*. Die Krankenkasse war der Auffassung, dass die Klägerin bei dieser ärztlichen Feststellung bereits nicht mehr kranken­geld­be­rechtigt gewesen, so dass ihr die rückwirkende Bescheinigung auch keinen Kranken­geldan­spruch mehr habe verschaffen können. Dabei ist nicht nur das Krankengeld für die Zeit bis zur erneuten Feststellung der Arbeits­un­fä­higkeit im Streit, sondern für die gesamte Zeit seit Ende der stationären Behandlung. Die Krankenkasse steht insoweit auf dem Standpunkt, dass die einen Tag verspätete ärztliche Feststellung den Verlust des Kranken­geldan­spruchs für die noch folgenden 74 Wochen zur Folge habe.

SG bejaht Anspruch auf Krankengeld trotz fehlender förmlicher Bescheinigung

Das Sozialgericht Leipzig verwies in seiner Entscheidung darauf, dass bereits während der stationären Anschluss­heil­be­handlung ein Klinikarzt gegenüber der Krankenkasse mitgeteilt hatte, dass die Klägerin für die nächsten fünf Monate (bis zum 7. März 2016) arbeitsunfähig sein werde. Das Gericht folgte daher der Argumentation der Klägerin, dass der Kranken­geldan­spruch - neben der hier unstreitigen Arbeits­un­fä­higkeit an sich - lediglich eine diesbezügliche ärztliche Feststellung voraussetze, hierfür aber keine besondere Form verlange. Es sei daher ohne Belang, dass durch den Klinikarzt, der im Übrigen auch nicht über eine Kassenzulassung verfügte, keine förmliche Bescheinigung der Arbeits­un­fä­higkeit auf einem "Krankenschein" erfolgt sei. Es komme mithin nicht darauf an, ob und weshalb sich die Klägerin nach ihrer Entlassung aus der Klinik an einem Freitag (20. November 2015) erst am darauffolgenden Dienstag (24. November 2015) bei ihrem Hausarzt vorgestellt habe. Die durch den Klinikarzt getroffene Feststellung ihrer Arbeits­un­fä­higkeit wirke vielmehr fort und decke diese vermeintliche zeitliche Lücke ab.

* § 46 Satz 2 SGB V hat folgenden Wortlaut:

Erläuterungen
"Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeits­un­fä­higkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeits­un­fä­higkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage."

Quelle: Sozialgericht Leipzig/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil24332

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI