18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 18862

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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil09.01.2014

Erwer­b­s­ob­lie­genheit bei Verdienst­ausfall­schaden: Pflicht des Unfall­ge­schä­digten zur zumutbaren Einsetzung der verbliebenen ArbeitskraftVerstoß gegen Pflicht begründet Kürzung oder Streichung des Verdienst­ausfall­schadens

Kann ein Unfall­ge­schä­digter seinen ursprünglichen Beruf nicht mehr ausüben, so ist er dennoch im Rahmen seiner Erwer­b­s­ob­lie­genheit verpflichtet alles Zumutbare zu unternehmen, um seine verbliebene Arbeitskraft gewinnbringend einzusetzen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, so kann dies zur Kürzung oder Streichung des Verdienst­ausfall­schadens führen. Dies geht aus einer Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlan­des­ge­richts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Aufgrund eines Verkehrsunfall im Jahr 2002 konnte das 30-jährige Unfallopfer seinen Beruf als Elektro­in­sta­l­lateur nicht mehr ausüben und erhielt deswegen von der Haftpflicht­ver­si­cherung des Unfall­schä­digers einen Verdienstausfallschaden. Mit Hilfe der Haftpflicht­ver­si­cherung gelang es dem Unfall­ge­schä­digten im Jahr 2005 erfolgreich die Berufs­aus­bildung als Bürokaufmann abzuschließen. Trotz dessen gelang es dem Unfall­ge­schä­digten in der Folgezeit nicht einen Arbeitsplatz zu bekommen. Da die Haftpflicht­ver­si­cherung den Eindruck gewann, dass sich der Unfall­ge­schädigte nicht ernsthaft um einen Arbeitsplatz bemühte, stellte sie ab April 2009 erst teilweise dann ganz die Zahlung des Verdien­st­aus­fa­ll­s­chadens ein. Der Unfall­ge­schädigte war damit aber nicht einverstanden. Er gab an sich ernsthaft um einen Arbeitsplatz bemüht zu haben und erhob daher Klage auf Zahlung des Verdien­st­aus­fa­ll­s­chadens.

Landgericht gab Klage statt

Das Landgericht Itzehoe gab der Klage statt. Seiner Ansicht nach habe dem Unfall­ge­schä­digten der Anspruch auf Zahlung des Verdien­st­aus­fa­ll­s­chadens zugestanden. Denn dieser habe sich hinreichend um einen Arbeitsplatz bemüht. Soweit die Haftpflicht­ver­si­cherung eine Arbeits­un­wil­ligkeit anführte, so habe sie dies nachweisen müssen. Gegen diese Entscheidung legte die Haftpflicht­ver­si­cherung Berufung ein.

Oberlan­des­gericht verneinte Anspruch auf Verdien­st­ausfall

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht entschied zu Gunsten der Haftpflicht­ver­si­cherung und hob daher das erstin­sta­nzliche Urteil auf. Dem Unfall­ge­schä­digten habe kein Anspruch auf Ersatz des Verdien­st­aus­fa­ll­s­chadens zugestanden. Denn dieser habe gegen seine Erwerbsobliegenheit verstoßen.

Pflicht zur Einsetzung der verbliebenen Arbeitskraft

Das Oberlan­des­gericht führte weiter aus, dass der Unfall­ge­schädigte verpflichtet war seine verbliebene Arbeitskraft zur Minderung des Erwerbsschadens gewinnbringend einzusetzen. Er habe alles Zumutbare unternehmen müssen, um einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Ob der dem nachgekommen ist, müsse der Geschädigte darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dies sei ihm aber nicht gelungen.

Bewer­bungs­ver­halten genügte nicht Anforderungen an Erwer­b­s­ob­lie­genheit

Soweit der Unfall­ge­schädigte angab, er habe sich im Zeitraum von Ende 2007 bis einschließlich Januar 2008 etwa 20 mal beworben, so genügte dies dem Oberlan­des­gericht zur Erfüllung der Erwer­b­s­ob­lie­genheit nicht. Der Unfall­ge­schädigte hätte sich permanent und unter Ausnutzung zumindest der Stellenanzeigen in der örtlichen Presse auf Stellen als Bürokaufmann bewerben müssen. Dem sei der Unfall­ge­schädigte aber nicht nachgekommen.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, ra-online (vt/rb)

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