18.10.2024
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss01.08.2016

Erneuter Antrag auf Strafanklage gegen Schiffsarzt der "Gorch Fock" im Fall Jenny B. zurückgewiesenAnhaltspunkte für Vorwurf des Totschlags gegen Schiffsarzt nicht ausreichend

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht hat entschieden, dass es gegen den Schiffsarzt des Segel­schul­schiffs der Marine "Gorch Fock" nach wie vor kein gerichtliches Strafverfahren wegen des Todes der im Jahr 2008 verunglückten Offizier­an­wärterin Jenny B. geben wird. Nachdem bereits im Jahre 2012 die Einleitung eines straf­ge­richt­lichen Verfahrens abgelehnt worden war, wies der I. Strafsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlan­des­ge­richts den weiteren straf­recht­lichen Klage­erzwingungs­antrag der Eltern von Jenny B. gegen den Schiffsarzt der "Gorch Fock" wegen des Vorwurfs des Totschlags, der Urkunden­unterdrückung und des Prozessbetrugs zurück.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die damals 18-jährige Offizier­an­wärterin Jenny B. ging Anfang September 2008 über Bord des Segel­schul­schiffs "Gorch Fock". Sie trug keine Rettungsweste. Ihre Leiche wurde Tage später in der Nordsee treibend gefunden. Die Ursache des Überbordgehens von Jenny B. ist ungeklärt. Die Eltern werfen dem Schiffsarzt vor, dass er ihre Tochter in Kenntnis ihrer Unter­leibs­schmerzen und ihrer Neigung, häufig kurzzeitig einzuschlafen, pflichtwidrig nicht vom Dienst ausgeschlossen habe und dies für das Überbordgehen ursächlich gewesen sei. Außerdem habe er Teile aus der Krankenakte entfernt und im Rahmen eines Verfahrens vor dem Verwal­tungs­gericht Aachen durch die Abgabe einer unrichtigen dienstlichen Stellungnahme einen Prozessbetrug begangen. Die Eltern stützen ihre erneute Strafanzeige auf die Aussage einer bisher nicht bekannten Zeugin.

OLG weist Klager­zwin­gungs­antrag der Eltern als unzulässig zurück

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht hat den Klager­zwin­gungs­antrag der Eltern wegen des Vorwurfs des Totschlags und der Urkun­den­un­ter­drückung als unbegründet und wegen des Vorwurfs des Prozessbetrugs als unzulässig zurückgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts lägen keine ausreichenden Anhaltspunkte für den Vorwurf des Totschlags gegen den Schiffsarzt vor. Zum einen seien die Umstände des Todes von Jenny B. ungeklärt, sodass nicht festgestellt werden könne, dass die behaupteten pflichtwidrigen Handlungen des Schiffsarztes ursächlich für ihren Tod waren. Zum anderen sei nicht erkennbar, dass der Schiffsarzt bei seiner Entscheidung über die Dienst­taug­lichkeit von Jenny B. - selbst bei Kenntnis ihrer fraglichen Unter­leibs­schmerzen und Schlafstörungen - die Vorstellung besessen habe, dass diese möglicherweise zu ihrem Tod führen könnten und ihm dies egal gewesen sei. Es spräche nichts dafür, dass der Schiffsarzt als Offizier und Arzt in Ausübung seines Dienstes das Leben seiner ihm anvertrauten Kameradin menschen­ver­achtend aufs Spiel gesetzt habe.

Soweit es den weiteren Vorwurf der Manipulation der Krankenakte von Jenny B. betrifft, scheide eine Anklageerhebung oder die Durchführung weiterer Ermittlungen aus, weil etwaige Urkundsdelikte bereits verjährt seien, so das Gericht.

Den Klager­zwin­gungs­antrag wegen des behaupteten Prozessbetrugs erklärte das Gericht für unzulässig. Nach den Verfah­rens­vor­schriften müsse der Antrag eine aus sich heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthalten, sodass das Gericht ohne Rückgriff auf die Ermitt­lungsakten überprüfen könne, ob ein hinreichender Tatverdacht für die Erhebung der öffentlichen Anklage vorliege. Der Antrag entspreche diesen Anforderungen nicht, denn die Antragsteller haben den Sachverhalt nur unvollständig dargelegt, sodass eine inhaltliche Überprüfung ohne Rückgriff auf die Akten nicht möglich gewesen sei.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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