18.10.2024
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Sächsisches Landessozialgericht Beschluss27.03.2018

Sozia­l­hil­fe­träger muss Kosten eines Gebärden­sprach­dolmetschers für Besuch einer Schule für Hörgeschädigte übernehmenLeistungen der Hilfe zur angemessenen Schulbildung auch an Förderschulen denkbar

Das Sächsische Landes­sozial­gericht hat entschieden, dass der Sozia­l­hil­fe­träger zur Übernahme der Kosten für einen Gebärden­sprach­dolmetscher verpflichtet ist, da die betreffende Schule entgegen der im Freistaat Sachsen geltenden schul­recht­lichen Verpflichtungen nicht in der Lage ist, eine behin­der­ten­ge­rechte Beschulung zu gewährleisten.

Die 2001 geborene Antragstellerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist nahezu gehörlos und besucht derzeit die zehnte Klasse einer Schule für Hörgeschädigte in Chemnitz. Der Unterricht wird überwiegend in Lautsprache und nicht auch in Gebärdensprache gehalten, da die Lehrerinnen und Lehrer nur über Grundkenntnisse in Gebärdensprache verfügen. Da die Antragstellerin dem Unterricht deshalb nur sehr eingeschränkt folgen kann, beantragte sie beim Landkreis Zwickau als zuständigem Sozia­l­hil­fe­träger, die Übernahme der Kosten eines Gebär­den­sprach­dol­met­schers für den Schulbesuch. Der Landkreis lehnte den Antrag ab. Nach seiner Auffassung beinhalte die Wissens­ver­mittlung an einer Schule für Hörgeschädigte auch, dass die dortigen Lehrerkräfte über ausreichende Fähigkeiten und Kenntnisse in Gebärdensprache verfügten.

Bei mangelnder Unterstützung durch Schulträger ist Sozia­l­hil­fe­träger zur Erbringung erforderlicher Leistungen für angemessene Schulbildung verpflichtet

Das Sächsische Landes­so­zi­al­gericht gab im Rahmen des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes in zweiter Instanz der Antragstellerin vorläufig Recht. Das Gericht stellt unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts klar, dass nur die Vorgabe und Vermittlung der Lerninhalte, der Unterricht selbst, das pädagogische Konzept der Wissens­ver­mittlung und die Bewertung der Schüler­leis­tungen den Lehrkräften vorbehalten und als sogenannter Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Zuständigkeit des Sozia­l­hil­fe­trägers entzogen ist. Kommt der Schulträger - wie im Fall der Antragstellerin - seinen im Freistaat Sachsen darüber hinaus geltenden schul­recht­lichen Pflichten zur behin­de­rungs­ge­rechten Beschulung behinderter Kinder an Förderschulen nicht nach, ist der Sozia­l­hil­fe­träger verpflichtet, die erforderlichen Leistungen als Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung zu erbringen. Dem Sozia­l­hil­fe­träger bleibt in diesem Fall nur die Möglichkeit, gegen den eigentlich vorrangig verpflichteten Schulträger Erstat­tungs­ansprüche geltend zu machen.

Quelle: Sächsisches Landessozialgericht/ra-online

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