Dokument-Nr. 31623
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- Amtsgericht Homburg, Beschluss03.12.2021, 9 F 311/21 EASO
- Sorgerechtsverfahren: Kinder im Alter von 3 bis 14 Jahren sind vom Familiengericht persönlich anzuhörenSaarländisches Oberlandesgericht, Beschluss29.12.2017, 9 UF 54/17
- Keine Erzwingung einer Kindesanhörung mittels Ordnungs- oder ZwangsmittelnOberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss11.01.2023, 5 WF 138/22
Saarländisches Oberlandesgericht Beschluss18.02.2022
Sorgerechtsentscheidung setzt Anhörung des Kindes vorausPflicht zur Kindesanhörung auch im Eilverfahren und unabhängig vom Alter des Kindes
Eine Sorgerechtsentscheidung darf gemäß § 159 Abs. 1 FamFG ohne vorheriger Anhörung des Kindes nicht ergehen. Die Pflicht zur Kindesanhörung besteht auch in einem Eilverfahren und unabhängig vom Alter des Kindes. Dies hat das Oberlandesgericht des Saarlandes entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2021 untersagte das Amtsgericht Homburg in einem Eilverfahren einer Kindesmutter den Umgang ihres Kindes mit ihrem Lebensgefährten. Zudem sollte sich der Lebensgefährte nicht in der Wohnung der Kindesmutter aufhalten, wenn diese Umgang mit dem Kind hat. Das Gericht begründete die Anordnungen mit einer Kindeswohlgefährdung. Jedoch hatte es das sechsjährige Kind nicht angehört. Gegen die Entscheidung richtete sich die Beschwerde der Kindesmutter.
Schwerwiegender Verfahrensmangel wegen fehlender Kindesanhörung
Das Oberlandesgericht des Saarlandes entschied zu Gunsten der Kindesmutter. Es liege seiner Ansicht nach wegen der fehlenden Kindesanhörung ein schwerwiegender Verfahrensmangel vor. Die Entscheidung des Amtsgerichts wurde daher aufgehoben und zur Neuentscheidung an das Amtsgericht zurückgewiesen.
Pflicht zur Kindesanhörung auch im Eilverfahren und unabhängig vom Alter des Kindes
Das Familiengerecht müsse gemäß § 159 Abs. 1 FamFG das Kind persönlich anhören, so das Oberlandesgericht. Diese Verpflichtung gelte auch im einstweiligen Anordnungsverfahren und unabhängig vom Alter des Kindes. Es entspreche ohnehin höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass Kinder in einem ihre Person betreffenden Verfahren jedenfalls ab einem Alter von etwa drei Jahren persönlich anzuhören sind. Gründe, die ein Absehen von der Anhörung rechtfertigen, seien nicht ersichtlich.
Kein Rückgriff auf Kindesanhörung in früheren Umgangsverfahren
Soweit das Amtsgericht auf die vor über sieben Monate durchgeführte Kindesanhörung im Umgangsverfahren zurückgriff, hielt das Oberlandesgericht dies angesichts der fehlenden Vergleichbarkeit der Verfahrensgegenstände und des inzwischen verstrichenen Zeitraums für unzulässig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.04.2022
Quelle: Saarländisches Oberlandesgericht, ra-online (vt/rb)
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