21.11.2024
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Sozialgericht Speyer Urteil11.03.2009

Diabetes mellitus: Anerkennung als Schwer­be­hin­derter nicht allein wegen intensiver InsulintherapieKeine Schwer­be­hin­der­te­nei­gen­schaft wenn der Zuckerkranke gut eingestellt ist

Ein an Diabetes mellitus Typ I - juvenilen Diabetes - Erkrankter hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Schwer­be­hin­der­te­nei­gen­schaft, wenn er zwar eine intensive Insulintherapie durchführt, der Diabetes mellitus aber gut eingestellt ist. Das hat das Sozialgericht Speyer entschieden.

Im konkreten Fall hatte das beklagte Land dem Kläger mit Bescheid vom 23. April 1991 zunächst wegen dessen Diabetes-Erkrankung die Schwer­be­hin­der­te­nei­gen­schaft anerkannt. Nachdem sich die für die medizinische Beurteilung maßgeblichen Vorgaben (Anhaltspunkte für die ärztliche Gutach­ter­tä­tigkeit im sozialen Entschä­di­gungsrecht und nach dem Schwer­be­hin­der­tenrecht [AHP]) zwischen­zeitlich geändert hatten, veranlasste das beklagte Land im Mai 2006 eine Überprüfung seiner Entscheidung aus dem Jahr 1991. In seinem Befundbericht gab der behandelnde Arzt des Klägers dessen durch­schnitt­lichen Blutzu­cker­spiegel (HbA1c-Wert) mit 6,5 an und teilte außerdem mit, dass die Sehfähigkeit beidseitig 1, betrage. Daraufhin stellte das beklagte Land den Grad der Behinderung (GdB) des Klägers nur noch mit 40 fest.

Klage auf Anerkennung als Schwer­be­hin­derter

Nach erfolgloser Durchführung des Wider­spruchs­ver­fahrens hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass ein Diabetes mellitus auch dann schwer einstellbar sein könne, der - wie bei ihm - zwar nicht mit häufigen Entgleisungen einhergehe, dies aber nur auf die optimale Mitarbeit des Betroffenen zurückgehe. In den letzten fünf Jahren seien bei ihm nicht nur zwei Hypoglykämien aufgetreten. Es käme bei ihm häufig zu Unter­zu­cke­rungen, die er selbst oder seine Ehefrau bemerkten und die dann mit Traubenzucker oder Apfelsaft ausgeglichen werden könnten. Bei täglich vier Blutzu­cke­r­mes­sungen und viermaligem Insulinspritzen könne keine Rede mehr von einem gewöhnlichen Therapieaufwand sein.

Nur schwer einstellbare Diabetes rechtfertigt Schwer­be­hin­der­te­nei­gen­schaft

Dieser Argumentation folgten die Speyerer Richter nicht. Sie wiesen die Klage ab, da die Herabsetzung des GdB von 50 auf 40 vor dem Hintergrund der geänderten AHP rechtmäßig war. Danach rechtfertigt ein Diabetes mellitus nur dann noch die Zuerkennung der Schwer­be­hin­der­te­nei­gen­schaft, wenn er schwer einstellbar ist und auch gelegentliche, ausgeprägte Hypoglykämien auftreten. Zur Beurteilung des Diabetes mellitus ist dabei neben der Einstel­lungs­qualität auch der Therapieaufwand zu berücksichtigen, soweit er sich auf die Teilhabe des behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft nachteilig auswirkt. Daraus folgt: der GdB ist relativ niedrig anzusetzen, wenn mit geringem Therapieaufwand eine ausgeglichene Stoff­wech­sellage erreicht wird; er ist dagegen umso höher einzuschätzen, je größer der Therapieaufwand wird und/oder je mehr der Therapieerfolg abnimmt.

Intensivierte Insulintherapie reicht allein nicht für Schwer­be­hin­der­te­nei­gen­schaft

Auch wenn der Kläger eine intensivierte Insulintherapie durchführt, ist der Diabetes mellitus doch gut eingestellt. Ein höherer GdB als 40 kommt aber nur dann in Betracht, wenn trotz des Thera­pie­auf­wandes eine instabile Stoff­wech­sellage oder häufigere schwere Hypoglykämien auftreten. Beides ist beim Kläger zu verneinen, weil vor allem zu berücksichtigen ist, dass unter schweren Hypoglykämien nur solche zu verstehen sind, die ärztliche Hilfe erfordern. Das ist beim Kläger in den vergangenen fünf Jahren aber nur zweimal der Fall gewesen. Auf die häufigen Unter­zu­cke­rungen, die mit Traubenzucker oder Apfelsaft ausgeglichen werden, kommt es dagegen gerade nicht an.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Speyer

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