21.11.2024
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Sozialgericht Mainz Urteil07.09.2018

Höhe des Insolvenzgelds bei sittenwidrigem LohnBei sittenwidrig niedrigem Arbeitslohn ist Höhe des Insolvenzgeldes auf Grundlage des üblicherweise gezahlten Tariflohns zu bemessen

Im Falle der Insolvenz ihres Arbeitgebers können Arbeit­neh­me­rinnen und Arbeitnehmer ein so genanntes Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit erhalten. Es wird erbracht, wenn der Arbeitgeber Löhne aufgrund seiner Insolvenz nicht zahlen kann. Konkret wird für die letzten drei Monate des Arbeits­verhältnisses vor dem Insol­ven­ze­r­eignis das fehlende Arbeitsentgelt durch die Bundesagentur für Arbeit gezahlt und zwar grundsätzlich in Höhe des seitens des Arbeitsgebers geschuldeten Netto­arbeits­entgelts. Das Sozialgericht Mainz hatte nun kürzlich zu entscheiden, wie hoch der Insolvenz­geld­anspruch eines Arbeitsnehmers ist, der zuvor ein sittenwidrig niedriges Arbeitsentgelt erhalten hatte.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls hatte von der beklagten Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld für die Monate November 2012 bis Januar 2013 erhalten. Für den November zahlte ihm die Bundesagentur für Arbeit 396,80 Euro ausgehend von den vorhandenen Lohn- und Gehalts­a­b­rech­nungen. Hiergegen wandte sich der Kläger und verlangte Insolvenzgeld für den November 2012 in Höhe von insgesamt 1.421,99 Euro. Im gerichtlichen Verfahren stellte sich heraus, dass der Kläger bei seinem ehemaligen Arbeitgeber als Maurer in Vollzeit zu einem Lohn von 400 Euro brutto monatlich beschäftigt war.

Höhe des Insolvenzgeldes ist nicht auf Grundlage vertraglicher Vergü­tungs­abrede sondern nach üblicherweise gezahltem Tariflohn zu bemessen

Das Sozialgericht Mainz gab der Klage statt und verurteilte die Bundesagentur für Arbeit zur Zahlung von Insolvenzgeld in Höhe der beantragten 1.421,99 Euro. Zur Begründung führte es unter anderem aus, dass die Bundesagentur für Arbeit zwar zu Recht von einem vertraglich vereinbarten Nettoentgelt von 396,80 Euro ausgegangen sei. Dieses sei jedoch sittenwidrig, da es in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Arbeitsleistung stehe. Nach der Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts bestehe ein auffälliges Missverhältnis zwischen Lohn und Arbeit, wenn die Arbeits­ver­gütung nicht einmal 2/3 eines in der betreffenden Branche und Wirtschafts­region üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht. Der Kläger habe zu einem Stundenlohn von 2,27 Euro gearbeitet, was gerade einmal einem Fünftel des damals maßgeblichen Tariflohns der Baubranche entsprochen habe. Für die Höhe des Insolvenzgeldes folge hieraus, dass dieses nicht auf Grundlage der vertraglichen Vergü­tungs­abrede zu bemessen ist, sondern auf Grundlage des üblicherweise gezahlten Tariflohns. Es könne auch kein rechts­miss­bräuch­liches Verhalten des Klägers darin gesehen werden, dass er monatelang die Zahlung eines unter­ta­rif­lichen Lohnes hingenommen habe, nun aber von der Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld auf der Grundlage tariflichen Lohnes verlange. Er begehre einen letztlich gesetzlich vorgezeichneten Lohnanspruch, der ihm in ungesetzlicher Weise bislang vorenthalten worden sei. Gerade in den Fällen des Lohnwuchers sei es regelmäßig so, dass Arbeitnehmer sich wegen einer schwächeren Lage oder unter dem Zwang der Arbeits­ma­rkt­ver­hältnisse auf einen ungünstigen Vertrag einlassen.

Quelle: Sozialgericht Mainz/ra-online

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