15.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 7545

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Bundessozialgericht Urteil04.03.2009

BSG: Höheres Insolvenzgeld trotz LohnverzichtsLohnver­zichts­ver­ein­barung kann auch gekündigt werden

Wenn ein Unternehmen in eine Schieflage gerät und die Beschäftigten zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze auf Lohn verzichten, darf ihnen dies bei einer späteren Insolvenz nicht zum Nachteil gereichen. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden. Danach müsse die Arbeitsagentur das Insolvenzgeld so berechnen, als hätte es nie einen Sanie­rung­s­ta­rif­vertrag gegeben. Ein solcher Tarifvertrag könne von der Gewerkschaft angesichts der drohenden Insolvenz auch mit Wirkung für die Vergangenheit gekündigt werden.

Der Kläger begehrt weiteres Insolvenzgeld (Insg) aus Brutto­ent­gel­t­ansprüchen in Höhe von 3.018,53 €. Er war von August 1996 bis 31.10.2003 bei der K. GmbH beschäftigt. Über das Vermögen der K. GmbH, bei der mehrere hundert Arbeitnehmer beschäftigt waren, wurde am 01.11.2003 das Insol­venz­ver­fahren eröffnet. Für den Kläger galt der Tarifvertrag der holz- und kunst­stoff­ver­a­r­bei­tenden Industrie auf Grund arbeits­ver­trag­licher Bezugnahme. Am 13.11.2002 hatte die K. GmbH mit der IG Metall – Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen – einen so genannten Restrukturierungstarifvertrag geschlossen. Nach dessen Bestimmungen verzichteten die Arbeitnehmer auf einen Teil ihrer tariflichen Ansprüche auf Urlaubsgeld und 13. Monatsgehalt. Die tarifliche Lohnerhöhung für das Jahr 2003 wurde bis 30.09.2003 ausgesetzt. Der Vertrag enthielt u.a. folgenden Passus: "Werden die vom Unternehmen vorgesehenen Modernisierungs- und Restruk­tu­rie­rungs­maß­nahmen nicht oder nur unzureichend durchgeführt oder verweigern Kreditinstitute zugesagte Kredite oder kündigen sie bestehende oder droht eine Insolvenz, hat die IG Metall das Recht, diese Vereinbarung zu kündigen. Damit entstehen die ursprünglichen Ansprüche neu und werden unmittelbar fällig". Die IG Metall kündigte nach dem Bekanntwerden des Insol­ven­z­an­trages im September 2003 den Restruk­tu­rie­rung­s­ta­rif­vertrag und machte für die Beschäftigten die "ursprünglichen" Ansprüche geltend. Entgel­t­ansprüche der Arbeitnehmer wurden von der K. GmbH für die Zeit ab 01.08.2003 nicht mehr erfüllt.

Kläger stellte Antrag auf Insolvenzgeld

Im November 2003 beantragte der Kläger Insolvenzgeld. Die Beklagte bewilligte dem Kläger Insolvenzgeld für die Monate August bis Oktober 2003; sie berücksichtigte die dem Kläger auf Grund der Kündigung des Restruk­tu­rie­rung­s­ta­rif­ver­trages im September zustehende Lohnerhöhung jedoch erst ab diesem Zeitpunkt. Selbst wenn die Parteien des Tarifvertrages eine Rückwirkung der Kündigung gewollt hätten, könne der Kläger hieraus keine Ansprüche gegenüber der Beklagten herleiten, da dieses eine Vereinbarung zu Lasten Dritter darstelle.

Vorinstanzen wiesen die Klage auf erhöhtes Insolvenzgeld ab

Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben. Das LSG hat im Wesentlichen ausgeführt, die Auslegung des Restruk­tu­rie­rung­s­ta­rif­ver­trages ergebe, dass die Tarif­ver­trags­parteien keine Rückwirkung der Kündigung gewollt hätten, sondern die Kündigung Rechtswirkungen nur für die Zukunft herbeiführen sollte. Aus den Auskünften der Tarif­ver­trags­parteien ergäben sich keine eindeutigen gegenteiligen Anhaltspunkte. Abgesehen von Prakti­ka­bi­li­täts­ge­sichts­punkten spreche für die vorgenommene Auslegung auch, dass dadurch dem Tarifvertrag nicht der Makel einer möglichen sittenwidrigen Regelung anhafte.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er rügte eine Verletzung des § 183 SGB III i.V.m. § 6 des Restruk­tu­rie­rung­s­ta­rif­ver­trages.

BSG: Lohnver­zichts­ver­ein­barung kann gekündigt werden

Eine tarifliche Lohnver­zichts­ver­ein­barung kann bei drohender Insolvenz des Arbeitgebers mit der Wirkung gekündigt werden, dass die bis dahin durch den Verzicht aufgelaufenen Lohnbe­standteile für die Berechnung des Insolvenzgeldes von Bedeutung sein können. Das gilt aber nur insoweit, als die Lohnbe­standteile im Insolvenzgeld-Zeitraum erarbeitet sind und deshalb Arbeitsentgelt "für" die der Insolvenz vorausgehenden drei Monate des Arbeits­ver­hält­nisses darstellen.

Quelle: ra-online (pt)

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