03.12.2024
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Dokument-Nr. 8241

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Beschluss26.03.2009Sozialgericht KarlsruheS 8 AS 1073/09 ER
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Sozialgericht Karlsruhe Beschluss26.03.2009

Hartz IV: Anspruch auf Zahlung des vollen Regelsatzes auch bei möblierter WohnungAbzug von Pauschalbetrag wegen Vollmöblierung unzulässig

Ein Hartz IV-Empfänger, der eine möblierte Wohnung mietet, hat Anspruch auf Erhalt des vollen Regelsatzes für Unterkunft und Heizung durch den Grund­si­che­rungs­träger. Ein Abzug eines Pauschal­be­trages von 20,- Euro für "Vollmöblierung" von den Kosten der Unterkunft mit der Begründung, diese Kosten seien bereits anteilig in der Regelleistung enthalten, ist nicht zulässig. Dies hat das Sozialgericht Karlsruhe entschieden.

Der Antragsteller, der ein möbliertes Zimmer in einem Hotel / Gästehaus bewohnt, begehrte im Rahmen eines Eilverfahrens vorläufig die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II. Die Antragsgegnerin hatte ihm Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe, jedoch unter Abzug eines Betrages von 20 € monatlich für die Vollmöblierung gewährt. Nach Auffassung der Antragsgegnerin entspreche dies den Empfehlungen der kommunalen SGB II-Träger in Baden-Württemberg, die diese zur einheitlichen und gleich­be­rech­tigten Leistungs­ge­währung anwendeten. In der Regelleistung seien 8,05 % Aufwendungen für die Instandhaltung und den Ersatz von Einrich­tungs­ge­gen­ständen enthalten. Bewohne ein Leistungs­be­rech­tigter eine voll möblierte Wohnung, sei dieser Bedarf (Aufwendungen für die Instandhaltung und den Ersatz von Einrich­tungs­ge­gen­ständen) bereits in die Miete einkalkuliert und mit dieser gedeckt. Es erübrige sich damit die für die Instandhaltung notwendige Rückla­gen­bildung aus der Regelleistung, wie sie für unmöbliert wohnende Versicherte erforderlich sei.

Mögliche Möbelnutzung grundsätzlich Teil der Gesamt­miet­kosten und nicht davon trennbar

Dieser Argumentation folgte das Sozialgericht Karlsruhe nicht und verpflichtete die Antragsgegnerin dem Antragsteller vorläufig weitere 20 € monatlich an Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren. In den Gründen ihrer Entscheidung führte sie aus, der Abzug eines Betrages von 20 € monatlich für die Vollmöblierung sei unzulässig. Die in der Miete enthaltene anteilige Vergütung für die Zurver­fü­gung­s­tellung und Nutzungs­be­rech­tigung von Möbeln (Miete für eine möblierte Wohnung) sei grundsätzlich Teil der Gesamtkosten der Mietsache und von diesen regelmäßig nicht trennbar – es sei denn bei bestehendem Wahlrecht (Mietmöglichkeit eines Zimmers wahlweise möbliert od. unmöbliert), für das im zugrun­de­lie­genden Fall kein Anhaltspunkt vorlag –. Die Gebrauchs­über­lassung von Möbeln, welche Bestandteile der Wohnung darstellten, sei bei Anmietung einer möblierten Unterkunft/Wohnung untrennbar mit der Gebrauchs­über­lassung der Räume der Unterkunft/Wohnung verbunden.

Kosten der Unterkunft müssen angemessen sein

Dass die Kosten auch einer möblierten Wohnung grundsätzlich in ihrer tatsächlichen Höhe als Kosten der Unterkunft gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vom Grund­si­che­rungs­träger zu tragen sind, solange sie angemessen sind, folge auch aus der sog. „Produkttheorie“, wonach es dahinstehen könne, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung, Lage etc isoliert als unangemessen anzusehen sind, solange der Grund­si­che­rungs­träger nicht insgesamt mit unangemessen hohen Kosten belastet wird. Der Grund­si­che­rungs­träger sei durch die Beschränkung der insgesamt zu übernehmenden Kosten der Unterkunft auf die „angemessenen Kosten“ ausreichend vor Missbrauch geschützt.

Ersparen von Kosten für Neuan­schaf­fungen durch möbliertes Wohnen

In dem für die „Möblierung“ einer Unterkunft zu zahlenden Mietanteil seien nicht nur Kosten für die Abnutzung der Sachen, die aus dem bestim­mungs­gemäßen Gebrauch der Mietsache „möblierte Unterkunft“ folge, sondern auch - mit einem deutlich höheren Anteil - Kosten für die Nutzungs­über­lassung als solcher enthalten, mithin dafür, dass sich der Mieter die Anschaffung der Einrich­tungs­ge­gen­stände erspare. Letztere sei jedoch – jedenfalls bei erstmaliger Anschaffung – nicht von der Regelleistung umfasst, was aus der Regelung in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II folge, wonach Kosten für „Erstausstat­tungen für die Wohnung einschließlich Haushalts­geräten“ nicht von der Regelleistung umfasst sind, sondern ggf. als Sonderbedarf vom Leistungs­emp­fänger – sofern dieser keine Möbel u. Hausrat besitzt – geltend gemacht werden könnten.

Grundlage für Pauschal­be­rechnung nicht nachvollziehbar

Schließlich begegne die Bildung einer Pauschale von 20,- Euro monatlich „nach billigem Ermessen“, wie von der Antragsgegnerin praktiziert, erheblichen rechtlichen Bedenken, da nicht erkennbar sei, auf welcher objektiven Grundlage diese Pauschale gebildet wurde.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Karlsruhe vom 26.03.2009

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