21.11.2024
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Sozialgericht Karlsruhe Urteil26.06.2012

Auf die Wortwahl kommt es an – Bezeichnung der langjährigen Wohnpartnerin als "Lebensgefährtin" schließt bloße Wohnge­mein­schaft ausJobcenter darf Erwer­bs­min­de­rungsrente der "Lebensgefährtin" auf Bedarf des Hilfe­be­dürftigen anrechnen

Bezeichnet ein Leistungs­emp­fänger eine langjährige Wohnpartnerin gegenüber dem Grund­si­che­rungs­träger (Jobcenter) als "Lebensgefährtin", ist davon auszugehen, dass es sich beim Zusammenleben nicht um eine bloße Wohnge­mein­schaft handelt, sondern um eine so genannte Einstehens- und Verant­wor­tungs­ge­mein­schaft. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe hervor.

Die 57 jährige Hilfebedürftige des zugrunde liegenden Streitfalls wohnte 2007 und sodann wieder ab Anfang 2009 zusammen mit W., zuletzt in einer Drei-Zimmer-Wohnung. Beide bezogen zunächst antragsgemäß als Bedarfsgemeinschaft Arbeits­lo­sengeld II. Ab September 2010 erhielt W. Erwerbsminderungsrente, die der Grund­si­che­rungs­träger (Jobcenter) nunmehr auf den Bedarf des Hilfe­be­dürftigen anrechnete. Dagegen wandte sich der Hilfebedürftige unter Hinweis darauf, er und W. seien nur Partner einer Wohngemeinschaft, die allein aus der Not heraus entstanden sei. Sie seien aber nicht willens und in der Lage füreinander einzustehen, hätten keine gemeinsame Konten und auch keine wechselseitigen Verfü­gungs­voll­machten. Deshalb dürfe die von W. bezogene Rente nicht auf seinen grund­si­che­rungs­recht­lichen Bedarf angerechnet werden, mit der Folge, dass ihm höheres Arbeits­lo­sengeld II zu gewähren sei.

Wohnpartner wir in der Regel auch umgangs­sprachlich nicht als „Lebensgefährte“ bezeichnet

Das Sozialgericht Karlsruhe hat die Klage des Hilfe­be­dürftigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Maßgeblich für das erkennende Gericht seien zunächst insbesondere die gegenteiligen Angaben des Hilfe­be­dürftigen und W. in den von ihnen selbst ausgefüllten und unter­schriebenen Formblat­t­an­trägen zur Erlangung von Arbeits­lo­sengeld II gewesen. Danach hätte Zeugin W. den Hilfe­be­dürftigen als die Person angegeben, mit der sie in Bedarfs­ge­mein­schaft zusammenlebe. Den Einwand, W. und der Hilfebedürftige seien nicht genügend über die Bedeutung der Angabe Bedarfs­ge­mein­schaft aufgeklärt worden, sei durch den vom Kläger und der Zeugin W. im Antragsformular durch eigenhändige Unterschrift bestätigten Erhalt des Merkblatts SGB II „Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeits­lo­sengeld II/Sozialgeld)“ widerlegt. Weiterer gewichtiger Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einste­hens­ge­mein­schaft zwischen dem Hilfe­be­dürftigen und W. sei die vom Hilfe­be­dürftigen gegenüber dem Grund­si­che­rungs­träger am 12. August 2011 abgegebene schriftliche Erklärung, in der er W. selbst als seine „Lebensgefährtin“ bezeichne und sich zu deren Einkommens- und Vermö­gens­ver­hält­nissen äußere. Reine Wohnpartner bezeichne man auch umgangs­sprachlich nicht als „Lebensgefährten“. Schließlich sprächen die Angaben von W. im Ergebnis mehr für als gegen das Vorliegen einer - wenn auch durchaus ungleichen - Einstehens- und Verant­wor­tungs­ge­mein­schaft zwischen ihr und dem Hilfe­be­dürftigen. Die W. finanziere das Leben des Hilfe­be­dürftigen seit 2009 zu wesentlichen Teilen, indem sie ihm Unterkunft, Telefon und Fernsehen zur Verfügung stelle, ohne dass sie eine nur darlehensweise Leistungs­ge­währung zugunsten des Hilfe­be­dürftigen habe glaubhaft machen können.

Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online

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