Dokument-Nr. 20867
Permalink https://urteile.news/
- Unfall eines Arbeitnehmers im Ausland steht nicht immer unter dem Schutz der gesetzlichen UnfallversicherungBundessozialgericht, Urteil19.12.2013, B 2 U 14/12 R
- Verletzung durch Verfolgung eines Taschendiebs steht grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen UnfallversicherungSozialgericht Berlin, Urteil12.03.2013, S 163 U 279/10
Sozialgericht Karlsruhe Urteil26.03.2015
Keine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei fehlendem ursächlichen Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und TodZusammenhang von Todesursache und versicherter Tätigkeit muss nachgewiesen werden können
Das Sozialgericht Karlsruhe hat entschieden, dass Hinterbliebenen jedenfalls dann kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht, wenn kein eindeutiger ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Tod des Versicherten vorliegt.
Der verstorbene Versicherte befand sich vom 03. bis zum 09.12.2012 auf einer Geschäftsreise in Kolumbien. Dort suchte er wegen eines grippalen Infekts den Betriebsarzt der besuchten Firmenvertretung auf, der ihm verschiedene Medikamente verschrieb. Auf dem Rückflug wurde der Kläger nicht ansprechbar, mit Schaum vor dem Mund und Nasenbluten auf dem Flugzeugboden sitzend gefunden. An Bord durchgeführte Erste-Hilfe-Maßnahmen wie auch weitere medizinische Hilfemaßnahmen in London, wohin das Flugzeug notfallmäßig umgeleitet wurde, konnten den Tod des Versicherten nicht verhindern. Eine erste in London durchgeführte Obduktion ergab unter anderem eine Schädelfraktur und Anzeichen einer Hirnverletzung des Versicherten. Möglicherweise habe sich der Versicherte diese Verletzung zugezogen, als er eine Computertasche aus dem Handgepäckfach genommen habe und ihm die Tasche auf den Kopf gefallen sei. Nach dem Ergebnis der abschließenden Obduktion der Leiche sei der Versicherte an einem plötzlichen Herztod aus natürlicher Ursache verstorben.
Sachlicher Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Todesursache nicht nachweisbar
Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte den Antrag der Hinterbliebenen auf Gewährung von Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Auch die deswegen zum Sozialgericht Karlsruhe erhobene Klage hatte keinen Erfolg: Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sei eine „Verrichtung“ des Versicherten „zur Zeit eines Unfalls“, die unter einen gesetzlichen Versicherungstatbestand zu subsumieren sei, und „infolge“ dessen der Tod des Versicherten eingetreten sei, nicht erwiesen. Denn es sei weder nachgewiesen noch nachweisbar, dass der Tod des Versicherten infolge einer Einwirkung eingetreten sei, die in einem sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit gestanden habe. Insbesondere sei trotz des Obduktionsberichts, des polizeilichen Abschlussberichtes und der in England zu den Umständen des Todes des Versicherten durchgeführten weiteren Ermittlungen völlig offen, wann genau, wo und bei welcher Gelegenheit sich der Versicherte die zunächst als Todesursache festgestellte Kopfverletzung zugezogen habe. Vor allem sei nicht erwiesen, dass die Kopfverletzung während des Rückfluges und durch einen Aufschlag eines aus der Gepäckablage herausgenommen Gepäckstückes auf den Kopf des Versicherten eingetreten sei. Diesen Vorgang hätten die Kläger selbst zuletzt auch nicht mehr als letztlich zum Tod des Versicherten führend angesehen. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass zwischen dem Ende der Dienstgeschäfte des Versicherten in Kolumbien und dem Abflug des Flugzeugs von dort ein nicht unerheblicher Zeitraum liege. Für diesen sei weder vorgetragen noch ersichtlich, welche konkreten Tätigkeiten der Versicherte ausgeübt habe. Auch während des Rückflugs mit Zwischenlandung in Peru bestehe eine ungeklärte Zeitspanne von mehreren Stunden, in der der Versicherte nach dem Vorbringen der Kläger auch einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit (Einkauf von Geschenken) nachgegangen sei. Eine von den Klägern zuletzt geltend gemachte psychovegetative Ausnahmesituation des Versicherten infolge verspäteten Transports und Aushändigung des Reisegepäcks mit Arbeitsunterlagen sowohl auf dem Hin- als auch dem Rückflug als Ursache des Herztodes hat das Gericht als Spekulation angesehen, zumal der Versicherte nach den Angaben der Kläger trotz dieser Umstände seine vorgesehenen Arbeiten in Kolumbien planmäßig und erfolgreich habe durchführen können. Eine wesentliche psychische Beeinträchtigung wegen der erst verspätet ausgehändigten Arbeitsunterlagen insbesondere in einem letztlich zum Herztod führenden Ausmaß sei deshalb nicht erwiesen. Hierfür biete auch das Aufsuchen des Betriebsarztes in Kolumbien keinen Anhalt, weil Anlass hierfür ein grippaler Infekt des Versicherten gewesen sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.04.2015
Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil20867
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.