Sozialgericht Hannover Gerichtsbescheid20.07.2014
Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitsleistung zu medizinischen bzw. therapeutischen ZweckenErbringung nützlicher Arbeitsleistung steht nicht im Vordergrund
Arbeitet jemand zu medizinischen bzw. therapeutischen Zwecken und steht die Wiederherstellung der vollen Erwerbstätigkeit im Vordergrund, so besteht weiterhin ein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Denn in einem solchen Fall ist die Erbringung einer nützlichen Arbeitsleistung nachrangig. Dies hat das Sozialgericht Hannover entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2012 meldete sich eine Krankenschwester arbeitslos. Hintergrund dessen war eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Nachdem die zuständige Agentur für Arbeit erfuhr, dass die Krankenschwester bei ihrem früheren Arbeitgeber in der Zeit von Januar bis März 2013 mit steigender Stundenzahl tätig war, hob sie den Bewilligungsbescheid für das Arbeitslosengeld auf. Denn ihrer Auffassung nach habe eine Beschäftigung vorgelegen. Dem trat die Krankenschwester entgegen. Sie führte an, dass sie nur zu therapeutischen und rehabilitativen Gründen tätig gewesen sei und auch kein Entgelt erhalten habe. Nach erfolglosem Widerspruch, erhob die Krankenschwester schließlich Klage.
Anspruch auf Arbeitslosengeld bestand
Das Sozialgericht Hannover entschied zu Gunsten der Krankenschwester. Ihr habe ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zugestanden. Die Aufhebung des Bewilligungsbescheids sei rechtswidrig gewesen. Zwar setze der Anspruch auf Arbeitslosengeld voraus, dass Arbeitslosigkeit vorliegt und eben keine Beschäftigung besteht. Die Tätigkeit der Krankenschwester sei aber nicht als Beschäftigung zu werten gewesen.
Kein Vorliegen einer Beschäftigung bei Arbeitsleistung zu therapeutischen Zwecken
Eine Beschäftigung sei wesentlich dadurch gekennzeichnet, dass ein wirtschaftlich verwertbares Arbeitsergebnis erbracht wird und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers vorliegt. Auch unentgeltliche Tätigkeiten können darunter fallen. Voraussetzung sei aber weiterhin, dass die Leistung von fremdnütziger Arbeit im Vordergrund steht. Wird dagegen die Arbeit hauptsächlich zur medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation vorgenommen sowie kein Entgelt gezahlt, so liege kein Beschäftigungsverhältnis vor. In diesem Fall stehe die Wiederherstellung der vollen Erwerbstätigkeit im Vordergrund und nicht die Erbringung nützlicher Arbeitsleistung. So habe der Fall hier gelegen.
Therapeutischer Zweck der Arbeitsleistung trotz Vollzeitarbeit
Dem therapeutischen Zweck der Arbeitsleistung habe darüber hinaus nicht entgegengestanden, so das Sozialgericht, dass die Krankenschwester im März 2013 bereits acht Stunden täglich arbeitete. Denn eine vollschichtige Arbeit bedeute nicht automatisch die Wiederherstellung der vollen Leistungsfähigkeit. Denn auch in dieser Zeit habe die Krankenschwester geschont werden müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.11.2014
Quelle: Sozialgericht Hannover, ra-online (vt/rb), mitgeteilt von Stefan Hoffmann (Dipl. Wirtschaftsjurist (FH))