18.10.2024
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Sozialgericht Gießen Urteil07.06.2016

SG zur Verwertung der Sterbe­geld­ver­si­cherung vor Bezug von Grund­si­che­rungs­leis­tungenBloße Verwen­dungs­absicht genügt nicht für Härte­fa­ll­re­gelung

Der Einsatz einer angemessenen finanziellen Vorsorge für den Todesfall stellt für den Leistungs­be­rich­tigten eine Härte i.S.d. § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII dar, wenn die Zweckbindung verbindlich festgelegt ist. Dies hat das Sozialgericht Gießen entschieden.

Im vorliegenden Fall bezog die 68 Jahre alte Klägerin auf Grund ihrer geringen Altersrente bis Februar 2014 ergänzend Grundsicherungsleistungen i.H.v. 150,49 € monatlich. Im Rahmen des Weiter­ge­wäh­rungs­antrags wies die Klägerin auf eine bei der E. Lebens­ver­si­cherung AG bestehende Sterbegeldversicherung hin. Die E. Lebens­ver­si­cherung AG bestätigte unter dem 22.03.2014, dass es sich um eine Sterbe­geld­ver­si­cherung handele. Mit den angefochtenen Bescheiden vertrat der beklagte Landkreis die Auffassung, die reine Bezeichnung als Sterbe­geld­ver­si­cherung reiche nicht aus, um die Versicherung von einem Einsatz als verwertbares Vermögen auszunehmen und lehnte die Weiter­be­wil­ligung von Grund­si­che­rungs­leis­tungen ab.

Klage erfolgreich

Die Klage gegen die Versagung der Leistungen hatte Erfolg. Das Gericht bezog sich zunächst auf § 90 Abs. 2 SGB XII. Danach sei das gesamte verwertbare Vermögen (§ 90 Abs. 2 SGB XII) mit Ausnahme des in § 90 Abs. 3 SGB XII im Einzelnen aufgeführten Schonvermögens einzusetzen, soweit dies keine Härte bedeutet (§ 90 Abs. 3 SGB XII):

Zweckgebundene Sterbe­geld­ver­si­cherung durch Härte­fa­ll­re­gelung geschützt

Vermögenswerte, die zur Absicherung der Kosten einer angemessenen Bestattung angespart worden seien, würden durch die Härteregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII geschützt. Diese Privilegierung sei dann gerechtfertigt, wenn sichergestellt sei, dass der angesparte Vermögenswert tatsächlich für die Bestat­tungs­kosten verwendet werde. Dies sei bei einer zweckgebundenen Sterbe­geld­ver­si­cherung der Fall. Die bloße Absicht des Betroffenen, ein angespartes Guthaben im Falle des Todes für die Bestat­tungs­kosten zu verwenden, ohne einen entsprechenden Teil seines Vermögens aus dem übrigen Vermögen auszugliedern, genüge dagegen nicht.

Unwirt­schaft­lichkeit bei Verwertung der Sterbe­ver­si­cherung

Im Übrigen hielt das Gericht die Verwertung der Sterbeversicherung für offensichtlich unwirt­schaftlich. Der mit der Verwertung zu erzielende Gegenwert i.H.v. 2.980,34 € stehe in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert der Sterbe­ver­si­cherung i.H.v. 4.203,20 €. Das Bundes­so­zi­al­gericht habe eine derartig hohe Verlustquote, in dem ohne Ermittlung weiterer Umstände von einer offen­sicht­lichen Unwirt­schaft­lichkeit auszugehen sei, bei einer Verlustquote von 26,9 % und höher anerkannt. Im entschiedenen Fall betrug die Verlustquote sogar 29,1 %, so dass auf der Grundlage der höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung ohne weiteres eine offensichtliche Unwirt­schaft­lichkeit der Verwertung vorlag.

Quelle: Sozialgericht Gießen/ ra-online

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