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Sozialgericht Berlin Urteil12.06.2012

Jobcenter muss Kosten für Besuch einer Waldorfschule nicht übernehmenBedarf an Schulbildung durch öffentliche Regelschulen ausreichend gedeckt

Jobcenter sind nicht verpflichtet, das Schulgeld für den Besuch einer allge­mein­bil­denden Privatschule zu übernehmen. Der Bedarf an Schulbildung wird durch die unentgeltlichen öffentlichen Regelschulen ausreichend gedeckt. Zusätzliche Bildungs­leis­tungen kommen nur ergänzend in Betracht, z. B. für die Schüler­be­för­derung, für die Mittags­ver­pflegung, für Gegenstände der persönlichen Schulausstattung (Schulranzen usw.) und für vorübergehend notwendigen Nachhil­fe­un­terricht. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Berlin hervor.

Der im Jahr 2000 geborene Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls lebt zusammen mit seiner aus Thailand stammenden allein­er­zie­henden Mutter und einer kleineren Schwester in Berlin-Wedding. Er besucht eine private Waldorfschule im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, für die ein monatliches Schulgeld von 90 Euro zu entrichten ist. Das Jobcenter Berlin-Mitte lehnte die beantragte Übernahme dieser Schulkosten ab. Es sei zwar nachvollziehbar, dass die Mutter dem Kläger eine ordentliche Schulbildung zukommen lassen wolle. Diese sei jedoch auch durch die kostenlosen staatlichen Schulen gewährleistet.

Schüler hält Besuch der Waldorfschule weitere Entwicklung wichtig

Hiergegen erhob der Kläger im Februar 2011 Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Seine Mutter habe in Thailand nur sechs Jahre lang eine Dorfschule besucht und spreche wenig Deutsch. Gerade im Bezirk Wedding werde der Bedarf an ausreichender Schulbildung an staatlichen Schulen nicht gedeckt. Dort hätten die Schulen einen hohen Anteil an Ausländern mit geringen deutschen Sprach­kennt­nissen. Der Besuch einer Waldorfschule sei daher für seine weitere Entwicklung wichtig.

Schwerwiegende persönliche Gründe, die Besuch der Regelschule nicht möglich oder zumutbar machen, liegen nicht vor

Das Sozialgericht Berlin wies die Klage nach mündlicher Verhandlung ab und bestätigte die Auffassung des Jobcenters. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschen­würdigen Existenz­mi­nimums in Verbindung mit dem Sozial­staats­prinzip enthalte nur einen Anspruch auf die Mittel, die für ein menschen­würdiges Dasein unbedingt erforderlich seien. Ein Anspruch auf den Besuch einer Privatschule lasse sich hieraus nicht ableiten. Der Bedarf an Schulbildung werde vielmehr durch öffentliche Regelschulen ausreichend gedeckt. Ausnahmen von diesem Grundsatz kämen nur in Betracht, wenn der Besuch einer öffentlichen Grundschule aus objektiven Gründen (z. B. wegen der Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden persönlichen Gründen nicht möglich oder zumutbar sei. Derartige Gründe lägen hier jedoch nicht vor. Allein die Auffassung des Klägers, dass Waldorfschulen besser seien als staatliche Schulen, begründe keinen weitergehenden Anspruch. Der Wunsch, den gemeinsamen Unterricht mit Schülerinnen und Schülern ohne ausreichende deutsche Sprach­kenntnisse zu vermeiden, mache den Besuch einer staatlichen Schule für den Kläger nicht unzumutbar. Berlin sei eine multikulturelle Stadt, in der ¼ der Einwohner einen Migra­ti­o­ns­hin­tergrund habe – auch der Kläger selbst zähle hierzu. Im Bezirk Berlin-Mitte gebe es zahlreiche Grund- und weiterführende Schulen, die er besuchen könne.

Begehrtes Schulgeld aus Vorschriften für Bildungspaket nicht ableitbar

Aus den Vorschriften über Bildungs- und Teilha­be­leis­tungen (§ 28 SGB II - Bildungspaket) lasse sich kein Anspruch auf das begehrte Schulgeld ableiten. Neben Leistungen für die Schüler­fahrkarte oder die Mittags­ver­pflegung seien hier insbesondere nur Gegenstände der persönlichen Schulausstattung wie Schulranzen, Sportzeug, Zeichen-, Rechen- und Schreib­ma­te­rialien umfasst. Darüber hinaus bestehe ein Anspruch nur auf außerschulische Lernförderung durch vorübergehenden Nachhil­fe­un­terricht, der unmittelbare schulische Angebote allerdings lediglich ergänzen solle.

Quelle: Sozialgericht Berlin/ra-online

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