Sozialgericht Aachen Urteil31.03.2010
Unternehmerversicherung: Für freiwilliges Versicherungsverhältnis ist Antrag des Versicherten zwingend erforderlichAutomatische Umwandlung einer Pflichtversicherung in eine freiwillige Versicherung bei Schweigen des Versicherten unzulässig
Eine freiwillige Versicherung setzt auch im Recht der Gesetzlichen Unfallversicherung zwingend einen Antrag des Versicherten voraus. Die automatische Umwandlung einer Pflichtversicherung in eine freiwillige Versicherung mit einer damit einhergehenden Erhöhung der Mindestversicherungssumme ist unzulässig. Dies entschied das Sozialgericht Aachen.
Im zugrunde liegenden Fall klagte der Pächter einer kleinen einem Sportverein angegliederten Gaststätte, der 4-5 Stunden wöchentlich dort alleine den Ausschank betreibt. Bislang war er bei der Berufsgenossenschaft für NW Schumacher Nahrungsmittel und Gaststätten gegen Arbeitsunfall und Berufskrankheit pflichtversichert und hatte den Mindest-Jahresbeitrag von 50,- € zu zahlen. Ab dem 1. Januar 2008 sah die Satzung keine Pflichtversicherung der Unternehmer mehr vor. Die Pflichtversicherung werde automatisch in eine freiwillige Versicherung umgewandelt, teilte die Berufsgenossenschaft dem Kleinstunternehmer Ende 2007 per Formularschreiben mit. Anderenfalls müsse er schriftlich widersprechen.
Neue Satzung geht mit Erhöhung der Mindestversicherungssumme einher
Der Pächter kümmerte sich nicht weiter um die Angelegenheit. Ein Jahr später forderte die Berufsgenossenschaft von ihm rückwirkend einen Jahresbeitrag von mehr als 550,- € für seine freiwillige Versicherung. Auf diese Weise sind mehr als 300.000 Gaststättenbetreiber durch Schweigen in die "freiwillige" Versicherung "überführt" worden, wie der Vertreter der Beklagten in der Gerichtsverhandlung einräumte. Die enorme Erhöhung des Beitrags lag an der mit der neuen Satzung einhergehenden Erhöhung der Mindestversicherungssumme von 2.000,- € auf 24.000,- €.
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Versicherung nur bei Widerspruch der bislang Pflichtversicherten genügt gesetzlichen Vorgaben nicht'> Für diese Praxis fehle es an einer gesetzlichen Grundlage, wie die Aachener Richter jetzt entschieden. Weder die geänderte Versicherungssatzung der Berufsgenossenschaft, noch das einschlägige Gesetzesrecht ermächtige hierzu. Für die Begründung eines freiwilligen Versicherungsverhältnisses sei zwingend einen Antrag des Versicherten zu fordern. Die von der Berufsgenossenschaft praktizierte Vorgehensweise, nur bei Widerspruch der bislang Pflichtversicherten von einer freiwilligen Versicherung abzusehen, genüge den gesetzlichen Vorgaben nicht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.06.2010
Quelle: ra-online, Sozialgericht Aachen