21.11.2024
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Thüringer Oberverwaltungsgericht Urteil16.10.2012

OVG Thüringen zur Teilzeit­ver­be­amtung von LehrernBloßer Antrag des Lehrers auf Vollzeit­be­schäf­tigung für Änderung des Beschäf­ti­gungs­umfangs nicht ausreichend

Das Thüringer Oberver­wal­tungs­gericht hatte sich mit der Bestandskraft von Teilzeit­be­schäf­ti­gungs­ver­trägen von Lehrern zu beschäftigen und über deren Anspruch auf Vollzeit­be­schäf­tigung mit entsprechender Besoldung zu entscheiden.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls, eine Diplomlehrerin für Sport und Biologie, wurde nach dem Beitritt zunächst als angestellte Lehrerin in den Schuldienst des Freistaats Thüringen übernommen. Aus Anlass ihrer Übernahme in das Beamten­ver­hältnis setzte das Staatliche Schulamt Erfurt ihren Stellenanteil mit Wirkung vom 1. März 2002 bis zum 31. Juli 2014 auf 80 % einer entsprechenden vollbe­schäf­tigten Lehrkraft fest. In der Folgezeit wechselten ihre tatsächlichen Stellenanteile mit ihrem Einverständnis mehrfach, teilweise arbeitete sie über längere Zeiträume mit einem Stellenanteil von einhundert Prozent.

Schulamt lehnt Antrag auf Vollbe­schäf­tigung ab

Im Jahre 2006 beantragte die Klägerin ihre sofortige Vollbe­schäf­tigung und die entsprechende Besoldung. Zunächst hatte das Schulamt den Antrag unter Hinweis auf die zwischen­zeitlich eingetretene Bestandskraft der Festsetzung der Stellenanteile abgelehnt, auch ein Widerspruch blieb erfolglos.

Klägerin beantragt rückwirkende Aufhebung der verfügten Teilzeit­be­schäf­tigung

Im Jahre 2007 rief die Klägerin das Verwal­tungs­gericht Weimar an. Nachdem der Beklagte im laufenden Verfahren die Teilzeit­a­n­ordnung ab August 2008 aufgehoben hatte, erklärte die Klägerin den Rechtsstreit insoweit für erledigt und begehrte nunmehr nur noch die rückwirkende Aufhebung der bei der Einstellung als Beamtin verfügten Teilzeitbeschäftigung.

VG: Einstel­lungs­teilzeit ist ab Zeitpunkt der Antragstellung auf Vollzeit­be­schäf­tigung aufzuheben

Das Verwal­tungs­gericht verpflichtete den Beklagten, die so genannte Einstel­lungs­teilzeit schon ab dem Zeitpunkt der Antragstellung auf Vollzeitbeschäftigung aufzuheben und wies die Klage für den davor liegenden Zeitraum ab.

Antrag

Antrag auf Vollzeitbeschäftigung erneut entscheiden'> Die vom Thüringer Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur - der den Freistaat in diesem Verfahren vor Gericht vertritt - gegen das Urteil erhobene Berufung hatte teilweise Erfolg. Das Thüringer Oberver­wal­tungs­gericht hat den Freistaat verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Vollzeit­be­schäf­tigung für den Zeitraum zwischen der Antragstellung auf Vollzeit­be­schäf­tigung und dem Beginn der Vollzeit­be­schäf­tigung erneut unter Beachtung der Rechts­auf­fassung des Gerichts zu entscheiden und hat die Berufung im Übrigen aber zurückgewiesen.

Berufen auf Bestandskraft der Teilzeit­be­schäf­ti­gungs­ver­fügung vor Antragstellung gerechtfertigt

Der Freistaat habe sich für den Zeitraum vor Antragstellung zu Recht auf die Bestandskraft der Teilzeit­be­schäf­ti­gungs­ver­fügung berufen. Er habe darauf abstellen dürfen, dass die Klägerin in diesem Zeitraum keine volle Dienstleistung erbracht habe, sie diese Dienstleistung auch nachträglich nicht mehr erbringen könne und eine Rücknahme der Teilzeit­a­n­ordnung wegen der Vielzahl anderer teilzeit­be­schäf­tigter Lehrer zu erheblichen Nachzahlungen führen würde, ohne dass die Lehrer dafür nun noch eine Gegenleistung erbringen könnten.

Dienstherr darf dienstliche Belange bei Entscheidung über Vollzeit­be­schäf­tigung berücksichtigen

Die Klägerin habe aber keinen Anspruch darauf gehabt, dass der Beklagte den Umfang ihres Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses unmittelbar mit ihrem Antrag auf Vollbe­schäf­tigung änderte. Für die Änderung des Beschäf­ti­gungs­umfangs reiche in Anbetracht der Bestandskraft des Teilzeit­be­schäf­ti­gungs­be­scheids der bloße Antrag auf Vollzeit­be­schäf­tigung nicht aus, weil es nicht allein darauf ankomme, dass der Beamte künftig seine volle Arbeitskraft zur Verfügung stellen wolle. Dem Dienstherrn bleibe es unbenommen auch andere dienstliche Belange, wie die Stellen­plan­si­tuation im laufenden Haushaltsjahr oder Fragen der Neuorganisation des Dienstbetriebs beim Übergang zur Vollzeit­be­schäf­tigung in seine Entscheidung einzustellen. Insoweit habe dem Beklagten für die Entscheidung über die Vollbe­schäf­tigung der Klägerin ein Ermessen zugestanden, dass er im vorliegenden Fall aber fehlerhaft ausgeübt habe. Er habe nicht berücksichtigt, dass der Beschäf­ti­gungs­umfang durch entsprechenden Antrag des Beamten jederzeit wieder auf Vollzeit­be­schäf­tigung geändert werden könne, wenn ihm die Teilzeit­be­schäf­tigung unzumutbar sei sofern dienstliche Belange nicht entgegenstünden. Dies sei wegen des in Art. 33 Abs. 5 GG verbürgten Anspruchs der Beamten auf vollzeitige Beschäftigung und amtsangemessene Alimentation verfas­sungs­rechtlich vorgegeben und daher bei jeder Entscheidung zu beachten.

Dienstherr hat gekürzten Arbeits­zeit­anteil der Lehrer als kurzfristige Personalreserve genutzt

Der Dienstherr habe bei seiner Entscheidung dabei nicht nur die persönlichen Umstände des Betroffenen für sich zu betrachten, sondern müsse auch die tatsächlichen Rahmen­be­din­gungen der Teilzeit­be­schäf­tigung einbeziehen. Demnach habe der Dienstherr in die Beurteilung der Zumutbarkeit auch einzustellen, dass er in der Vergangenheit den gekürzten Arbeits­zeit­anteil der Lehrer als kurzfristige Personalreserve genutzt habe, in dem er in zahlreichen Fällen, wie auch bei der Klägerin, die Beschäf­ti­gungs­ver­hältnisse auch während der Dauer der eigentlichen "Teilzeit­ver­be­amtung" bis zu einer Vollzeit­be­schäf­tigung ausgedehnt habe. Insoweit sei für die Beurteilung der Zumutbarkeit maßgeblich auch auf das Auf und Ab der Beschäf­ti­gungs­ver­hältnisse abzustellen.

Erstellen eines Konzepts zur Abwägung persönlicher und unter­richts­or­ga­ni­sa­to­rischer Belange ist nicht Aufgabe des Gerichts

Es sei andererseits aber auch nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte den Belangen der Teilzeit­be­schäf­tigten die haushalts­rechtliche und unter­richts­or­ga­ni­sa­to­rische Situation gegenüberstelle. Dabei könne er auch grundsätzlich ermes­sens­feh­lerfrei berücksichtigen, dass die Besonderheiten des Schulbetriebs den Übergang zur Vollzeit­be­schäf­tigung in aller Regel erst im nachfolgenden Schuljahr zulassen. Erreicht die Anzahl der Anträge auf Wechsel zur Vollzeit­be­schäf­tigung - wie hier - ein Ausmaß, dass sich der Dienstherr einem Massenproblem ausgesetzt sehe, hätte es aber eines Konzepts bedurft, wie die Anträge bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung bei Abwägung der persönlichen Belange der Betroffenen sowie der haushalts­recht­lichen und unter­richts­or­ga­ni­sa­to­rischen Belange unter Berück­sich­tigung des Gleich­be­hand­lungs­gebots umzusetzen gewesen wären, um sicherzustellen, dass die neu entstandenen Beschäf­ti­gungs­umfänge sinnvoll genutzt werden, was unter Umständen auch eine gestufte Aufstockung hätte bedeuten können. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, die für dieses Konzept nötige Tatsa­chen­grundlage zu ermitteln und es zu entwickeln. Dies obliege dem Beklagten.

Quelle: Thüringer Oberverwaltungsgericht/ra-online

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