21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein Beschluss16.08.2007

Buch über Uwe Barschel darf vorerst nicht erscheinen

Das Schleswig-Holsteinische Oberver­wal­tungs­gericht hat entschieden, dass der Leiter einer schleswig-holsteinischen Staats­an­walt­schaft vorerst weiterhin kein Buch über das "Barschel-Verfahren" veröffentlichen darf.

Im Dezember 2006 zeigte der Leiter der Staats­an­walt­schaft, der seinerzeit dienstlich mit dem "Barschel-Verfahren" befasst gewesen war, dem General­staats­anwalt des Landes Schleswig-Holstein die Absicht an, im Rahmen einer Nebentätigkeit ein Buch über das "Barschel-Verfahren" zu erstellen und zu veröffentlichen. Diese Veröf­fent­lichung wurde ihm sinngemäß von dem General­staats­anwalt untersagt, weil er, der Leiter der Staats­an­walt­schaft, durch die angezeigte Nebentätigkeit aus mehreren Gründen dienstliche Pflichten verletzen würde.

Erstens sei es Dienstpflicht eines Beamten, bei seinem Handeln eine Pflichten- und Inter­es­sen­kol­lision zu vermeiden. Daher verbiete sich eine Nebentätigkeit, wenn sie – wie hier – in einer Angelegenheit ausgeübt werde, in der die Behörde, der der Beamte angehöre, tätig werde oder tätig werden könne. Gerade angesichts des bevorstehenden 20. Todestages von Uwe Barschel sei – beispielsweise aufgrund bereits vorliegender oder noch zu erwartender Publikationen – damit zu rechnen, dass der Leiter der Staats­an­walt­schaft auch zukünftig in dienstlicher Eigenschaft mit dem "Barschel- Verfahren" zu tun haben werde.

Zweitens käme es zu einer wesentlichen Einschränkung der künftigen dienstlichen Verwendbarkeit des Leiters der Staats­an­walt­schaft, wenn er ein Buch über das "Barschel- Verfahren" auf den Markt brächte. Denn bei der sodann zu befürchtenden Pflichten- oder Inter­es­sen­kol­lision müsste er sich von anderen Behör­den­an­ge­hörigen vertreten lassen. Es könne dienstlich jedoch nicht gebilligt werden, dass der zuständige Behördenleiter sich in einem so spektakulären Verfahren sehenden Auges befangen mache und auf andere Behör­den­mit­glieder verweisen wolle. Drittens gehöre es zu den Rechtspflichten insbesondere von Staats­an­wäl­tinnen und Staatsanwälten, im Sinne des Respekts gegenüber Opfern und deren Angehörigen und auch der Resozi­a­li­sierung für Täterinnen und Täter, sich in öffentlichen Stellungnahmen des nötigen Respekts und der nötigen Zurückhaltung zu befleißigen. Dieser Respekt verbiete es, private Geschäfte auf dem Rücken dieser Personen zu machen. Hier sei die Frage des Erschei­nungs­bildes der Beamten in der Öffentlichkeit und auch der Vorbildfunktion von Vorgesetzten tangiert.

Der Leiter der Staats­an­walt­schaft hat gegen die Unter­sa­gungs­ver­fügung des Generals­s­taats­anwalts Klage beim Schleswig-Holsteinischen Verwal­tungs­gericht erhoben, über die das Verwal­tungs­gericht noch nicht entschieden hat. Allerdings hat das Verwal­tungs­gericht im Rahmen eines Eilverfahrens mit Beschluss vom 09.07.2007 entschieden, dass der Leiter der Staats­an­walt­schaft vorerst und somit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens kein Buch über das "Barschel-Verfahren" veröffentlichen darf. Zur Begründung hat das Verwal­tungs­gericht ausgeführt, dass im Eilverfahren nicht geklärt werden könne, ob die Unter­sa­gungs­ver­fügung des General­staats­anwalts rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Dieses müsse im Klageverfahren entschieden werden. Das Eilverfahren hat das Verwal­tungs­gericht daher auf der Grundlage einer umfassenden Inter­es­se­n­ab­wägung entschieden. Es bestehe ein besonderes öffentliches Interesse daran, dass vor rechtskräftigem Abschluss des Klageverfahrens keine vollendeten Tatsachen geschaffen würden. Das wäre jedoch der Fall, wenn der Leiter der Staats­an­walt­schaft bereits jetzt ein Buch über das "Barschel-Verfahren" veröffentlichen dürfte. Denn eine Veröf­fent­lichung und etwaige damit verbundene negative Beglei­t­er­schei­nungen könnten auch für den Fall nicht mehr rückgängig gemacht werden, dass die Klage des Leiters der Staats­an­walt­schaft erfolglos bliebe. Dem gegenüber habe dessen Interesse, bereits vor rechtskräftigem Abschluss des Klageverfahrens ein Buch über das "Barschel-Verfahren" zu veröffentlichen, zurückzutreten.

Die gegen diesen Beschluss des Verwal­tungs­ge­richts gerichtete Beschwerde des Leiters der Staats­an­walt­schaft hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberver­wal­tungs­ge­richts nunmehr unter Hinweis darauf zurückgewiesen, dass die in der Beschwer­de­schrift dargelegten Gründe eine Änderung der verwal­tungs­ge­richt­lichen Entscheidung nicht rechtfertigten.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OVG Schleswig-Holstein vom 16.08.2007

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