23.11.2024
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Dokument-Nr. 3682

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Beschluss22.01.2007Oberverwaltungsgericht Saarland3 W 14/06 und 3 W 15/06
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Oberverwaltungsgericht Saarland Beschluss22.01.2007

OVG Saarlouis erlaubt Kapital­ge­sell­schaft den Betrieb einer ApothekeGericht beruft sich auf europäische Nieder­las­sungs­freiheit

Die Saarbrücker DocMorris-Apotheke kann vorläufig bis zur Haupt­sa­cheent­scheidung weiterbetrieben werden. Das Oberver­wal­tungs­gericht des Saarlandes ist der Ansicht, dass auch Kapital­ge­sell­schaften in Deutschland eine Apotheke betreiben dürfen. § 7 Apothekengesetz, dass dies in Deutschland verbietet, ist nach Auffassung des Gerichts nicht mit europäischem Recht vereinbar. Das Europarecht ginge nationalem (deutschen) Recht vor.

Das Oberver­wal­tungs­gericht des Saarlandes hat den Beschwerden des Ministeriums für Justiz, Gesundheit und Soziales und der DocMorris N.V. stattgegeben und - unter Abänderung der Beschlüsse des Verwal­tungs­ge­richts (Beschl. v. 12.9.2006 - 3 F 38/06 - und Beschl. v. 18.9.2006 - 3 F 39/06 -) - die Anträge von insgesamt vier Apotheker/innen auf vorläufige Aussetzung der Erlaubnis zum Betrieb einer DocMorris-Filialapotheke zurückgewiesen.

In den Eilverfahren hat das Oberver­wal­tungs­gericht die entscheidende Frage, ob die niederländische Kapital­ge­sell­schaft, die in den Niederlanden legal Apotheken betreibt, auch eine Apotheke in Deutschland betreiben kann, bejaht.

Das deutsche Recht - so die Begründung des Oberver­wal­tungs­ge­richts im Wesentlichen -verbietet dies, weil nach dem gesetzlichen Fremd­be­sitz­verbot (§ 7 ApothekenG) eine Apotheke keiner Kapital­ge­sell­schaft gehören darf. Demgegenüber ist abweichend im europäischen Recht bereits im EG-Vertrag (Artikel 48 EGV) geregelt, dass Kapital­ge­sell­schaften der EG in dem gesamten Bereich der europäischen Gemeinschaft Niederlassungsfreiheit genießen; die Nieder­las­sungs­freiheit ist untrennbar mit der europäischen Einheit verbunden. Nach dem vom EuGH und vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht anerkannten Vorrang des Europarechts vor dem nationalen Recht setzt sich hier im konkreten Fall das liberalere Europarecht durch.

Vergleichbare europäische Rechtsprechung liegt dazu bereits vor, und zwar mit dem Optiker-Urteil des EuGH (EuGH, Urteil vom 21.4.2005 - C-140/03 -). In diesem Urteil hat der EuGH für vergleichbare Optiker­ge­schäfte entschieden, dass sich die europäische Nieder­las­sungs­freiheit von Kapital­ge­sell­schaften gegen ein nationales gesetzliches Verbot als Fremd­be­sitz­verbot durchsetzt. Wegen des hohen Rangs der Nieder­las­sungs­freiheit und der Gleichheit der Problemlage ist das Optiker-Urteil auch auf Apotheken übertragbar. Verbote der Nieder­las­sungs­freiheit sind nach der europäischen Rechtsprechung nur aus zwingenden Gründen möglich. Solche zwingenden Gründe für ein Nieder­las­sungs­verbot liegen bei Apotheken nicht vor. Bestehenden Gesund­heits­ge­fahren bei der Abgabe von Medikamenten ist durch qualifiziertes Personal vorzubeugen; ein Gesund­heits­schutz allein vor der Rechtsform der Apotheke leuchtet nicht ein. Bestehenden Kommer­zi­a­li­sie­rungs­ge­fahren ist nach der anderweitig vorliegenden europäischen Rechtsprechung durch Kontrollen zu begegnen, nicht durch ein Nieder­las­sungs­verbot für Kapital­ge­sell­schaften. Der dargelegte Vorrang des Europarechts ist bereits im behördlichen Geneh­mi­gungs­ver­fahren zu beachten. Eine Behörde kann nicht gerichtlich gezwungen werden, vor dem Europarecht die Augen zu verschließen. Ebenso ist der Vorrang des Gemein­schafts­rechts im hier vorliegenden gerichtlichen Verfahren zu beachten. Deshalb war unter Abweichung von der Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts die Nieder­las­sungs­er­laubnis im vorläufigen Verfahren zu bestätigen.

Damit kann die DocMorris-Filialapotheke bis zur unanfechtbaren Entscheidung über die noch beim Verwal­tungs­gericht anhängigen Klagen vorläufig weiter betrieben werden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OVG des Saarlandes

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