18.10.2024
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Sie sehen mehrere Weintrauben, die noch am Weinstock hängen.
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil08.12.2010

OVG Rheinland-Pfalz: Winzer und Kellereien müssen Abgabe für Weinwerbung zahlenEinschränkung der Berufs­aus­übungs­freiheit verhältnismäßig

Die Abgaben für den Deutschen Weinfonds und für die Gebiets­wein­werbung sind verfas­sungsgemäß. Dies hat das Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz entschieden.

Der Deutsche Weinfonds ist eine Gemein­schaft­s­ein­richtung der deutschen Weinwirtschaft. Er hat die Aufgabe, zur Förderung der Qualität und des Absatzes deutscher Weine Marke­ting­maß­nahmen im In- und Ausland durchzuführen; ferner obliegt ihm die Unterstützung der wissen­schaft­lichen Weinforschung und der Schutz deutscher Weinbe­zeich­nungen im In- und Ausland. Daneben existieren in den Anbaugebieten des Landes Rheinland-Pfalz Einrichtungen zur besonderen Förderung der im jeweiligen Gebiet erzeugten Weine. Zur Erfüllung dieser Aufgaben müssen Winzer und Kellereien nach dem Weingesetz Abgaben an den Deutschen Weinfonds entrichten. Zusätzlich werden die rheinland-pfälzischen Winzer nach dem Landes­ab­satz­för­de­rungs­gesetz Wein zu einer Sonderabgabe für die jeweilige Gebiets­wein­werbung herangezogen.

Klagen von Winzer und Kellereien gegen Abgaben an Deutschen Weinfonds erfolglos

Die Abgaben der klagenden Winzer betragen mehrere hundert Euro pro Jahr, die der Kellereien zum Teil knapp 120.000 Euro pro Quartal. Die hiergegen erhobenen Klagen haben die Verwal­tungs­ge­richte Mainz und Neustadt a. d. Weinstraße abgewiesen. Das Oberver­wal­tungs­gericht bestätigte nun diese Entscheidungen.

Erhebung der Abgaben verfassunsgemäß

Die Rechts­grundlagen für die Erhebung der Abgaben genügten den strengen verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen, die das Bundes­ver­fas­sungs­gericht im Urteil zur Abgabe für die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) im Jahre 2009 aufgestellt habe. Mit den Eigentümern und sonstigen Nutzungs­be­rech­tigten von Weinbauflächen sowie den Kellereien habe der Gesetzgeber als Abgaben­pflichtige diejenigen erfasst, die auch nach Auffassung der EU-Kommission von der Natur der Sache her das stärkste Interesse an der Vermarktung deutscher Weine hätten. Die erfasste Gruppe erweise sich auch als hinreichend homogen, wenn auch nicht alle Mitglieder in gleichem Maße von den Marke­ting­maß­nahmen profitierten. Außerdem treffe die Abgaben­pflichtigen eine besondere Finan­zie­rungs­ver­ant­wortung für die Arbeit des Deutschen Weinfonds und der Gebiets­wein­werbung, da sie von deren Tätigkeiten den verfas­sungs­rechtlich erforderlichen greifbaren Gruppennutzen hätten.

Statistiken über die Weinpreise belegen Benachteiligung deutscher Weinwirtschaft im Verhältnis zu vergleichbaren Produkten aus anderen Weinbauländern

Der Weinfonds und die Träger der Gebiets­wein­werbung hätten die Notwendigkeit der vom Gesetzgeber angeordneten staatlich organisierten Fördermaßnahme mit der vergleichsweise geringen Marktstärke der deutschen Weinwirtschaft sowohl auf dem Inlandsmarkt als auch auf den wichtigen Exportmärkten plausibel begründet. Mehr als eine plausible Begründung habe das Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht verlangt und könne wegen der komplexen Wirkungs­zu­sam­menhänge auf dem Weinmarkt auch nicht verlangt werden. Die vorgelegten Statistiken über die Weinpreise im inländischen Lebens­mit­te­l­ein­zel­handel und Weinfachhandel sowie auf den für deutsche Weine wichtigen Exportmärkten (Großbritannien, Niederlande, USA) hätten hinreichend belegt, dass die deutsche Weinwirtschaft im Verhältnis zu vergleichbaren Produkten aus anderen Weinbauländern weiterhin benachteiligt sei.

Durchführung langfristiger Werbekampagnen kann durch staatlich organisierte Förderung gesichert werden

Diese Marktschwäche könne von den Abgabe­pflichtigen auch nicht gleich erfolgreich kompensiert werden. Angesichts der kleinteiligen Betrie­bss­truktur der deutschen Weinwirtschaft sei eine vergleichbar effektive Absatzförderung wie seitens des Deutschen Weinfonds durch die Winzer selbst oder durch freiwillige private Zusam­men­schlüsse nicht zu erwarten. Gerade die Durchführung langfristiger Werbekampagnen verlange ein konti­nu­ier­liches Mittelaufkommen, das durch die staatlich organisierte Förderung gesichert sei. Die produktbezogene Werbung der Kellereien stelle kein gleich wirksames Mittel zur Förderung der deutschen Weinwirtschaft dar. Des Weiteren lägen hinreichende Belege für die Geeignetheit und den Erfolg der Fördermaßnahmen des Deutschen Weinfonds vor.

Mit Sonderabgabe finanzierte Absatzförderung für deutschen Wein auch mit europäischem Recht vereinbar

Angesichts der Höhe der Sonderabgaben (weniger als 1 Cent pro Liter Wein) sei die dadurch bewirkte Einschränkung der Berufs­aus­übungs­freiheit auch verhältnismäßig. Schließlich sei die mit der Sonderabgabe finanzierte Absatzförderung für deutschen Wein auch mit europäischem Recht vereinbar.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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