14.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil18.08.2011

OVG Rheinland-Pfalz: Grundwasser verhindert natürliche Verwesung von Leichen – Verbot von Erdbestattungen auf Friedhof dennoch unwirksamStadt muss verbindliches, verlässliches und transparentes Ausgleichs­konzept für schwerwiegende Eingriff in bestehende Grabnut­zungs­rechte erstellen

Die Bestimmungen einer Fried­hofs­satzung, die Erdbestattungen in weiten Teilen eines Ortsteil­friedhofs verbieten, weil die natürliche Verwesung der Leichen durch dort vorhandenes Grundwasser verhindert wird, sind unwirksam. Dies entschied das Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz.

Im zugrunde liegenden Fall wurden in einigen Bereichen des Queichheimer Friedhofs von Fried­hofs­be­schäf­tigten wiederholt so genannte „Wachsleichen“ gefunden, deren Zersetzung auch nach Ablauf der Ruhezeiten nicht in dem erforderlichen Maße fortgeschritten war. Boden­un­ter­su­chungen ergaben, dass die natürliche Verwesung der Leichen durch dort vorhandenes Grundwasser verhindert wird. Im Juli 2010 änderte der Stadtrat deshalb die Fried­hofs­satzung. Erdbestattungen sind seitdem in den betreffenden Bereichen nicht mehr erlaubt. Ausnahmen kann die Fried­hofs­ver­waltung im Fall von Einfachgräbern und Zubettungen bei Verwendung eines Grabhül­len­systems zulassen. Gegen diese Bestimmungen hat der Inhaber zweier Wahlgrabstätten in dem betroffenen Bereich einen Normen­kon­trol­lantrag gestellt. Er sieht sich vor allem in seinem Eigen­tums­grundrecht verletzt, da seine Grabstätten nicht mehr im selben Maße wie zuvor genutzt werden könnten.

Grundsätzliches Verbot der Erdbestattung greift in unver­hält­nis­mäßiger Weise in bestehende Grabnut­zungs­rechte ein

Das Oberver­wal­tungs­gericht hat die betreffenden Vorschriften der Fried­hofs­satzung daraufhin für unwirksam erklärt. Das grundsätzliche Verbot der Erdbestattung greife in unver­hält­nis­mäßiger Weise in bestehende Grabnut­zungs­rechte ein und verstoße daher gegen höherrangiges Recht. Für die Berechtigten stelle es eine weitgehende Nutzungs­ent­ziehung dar. Dass die Fried­hofs­ver­waltung in bestimmten Fällen die Bestattung auch weiterhin mithilfe eines Grabhül­len­systems gestatten könne, ändere hieran nichts. Die Grabhülle müsse nach dem Ablauf der Ruhezeit ausgeleert und entsorgt werden. Daran nähmen nicht nur einzelne, sondern die Bevölkerung allgemein erheblichen Anstoß. Dennoch sei die Stadt wegen hoher Kosten und unsicherer Erfolgs­aus­sichten nicht verpflichtet, den Friedhof zu sanieren und so jede Belastung der Grabnut­zungs­be­rech­tigten zu vermeiden. Andererseits dürfe sie die Grabnut­zungs­be­rech­tigten mit ihren Problemen aber auch nicht allein lassen. Vielmehr verlange der rückwirkende, schwerwiegende Eingriff in die bestehenden Grabnut­zungs­rechte ein verbindliches, verlässliches und transparentes Ausgleichs­konzept. Den Betroffenen könne beispielsweise der Tausch mit einer zur Erdbestattung geeigneten Grabstätte oder die Kostenübernahme für eine möglicherweise erforderliche Umbettung angeboten werden. An einem solchen tragfähigen Gesamtkonzept fehle es vorliegend.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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