18.10.2024
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Dokument-Nr. 33300

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss12.09.2023

Glücksspiel­rechtliches Mindest­abstands­gebot für Wett­vermittlungs­stellen europarechtlich unbedenklichAbstandsgebot ist effektives Mittel zur Suchtbekämpfung

Die Regelung im Landes­glücksspiel­gesetz, wonach Wett­vermittlungs­stellen einen Mindestabstand von 250 Metern Luftlinie zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht wird, einhalten müssen, ist mit Unionsrecht vereinbar. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem Eilverfahren.

Die Antragstellerin möchte in Zweibrücken eine Wettver­mitt­lungs­stelle weiterbetreiben. Ihren Antrag auf Verlängerung der ihr befristet erteilten glückss­piel­recht­lichen Erlaubnis lehnte die Aufsichts- und Dienst­leis­tungs­di­rektion (ADD) mit der Begründung ab, dass der gesetzliche Mindestabstand zu einer Nachhil­fe­ein­richtung, die auch von Minderjährigen besucht werde, nicht eingehalten sei. Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und stellte beim Verwal­tungs­gericht Neustadt an der Weinstraße einen Eilantrag, den Betrieb der Wettver­mitt­lungs­stelle vorübergehend weiter zu dulden, insbesondere keine Maßnahmen einzuleiten, die auf eine Schließung des Betriebs abzielen. Das Verwal­tungs­gericht lehnte den Eilantrag ab. Ihre hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Oberver­wal­tungs­gericht zurück.

Kein Verstoß gegen das unions­rechtliche Kohärenzgebot

Die für den Betrieb einer Wettver­mitt­lungs­stelle für Sportwetten erforderliche glückss­piel­rechtliche Erlaubnis dürfe nach dem Landes­glückss­piel­gesetz Rheinland-Pfalz (LGlüG) nur erteilt werden, wenn die Wettver­mitt­lungs­stelle unter anderem einen Mindestabstand von 250 Metern zu einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die überwiegend von Minderjährigen besucht werde, nicht unterschreite. Die Voraussetzungen dieser Minde­st­ab­s­tands­re­gelung lägen nicht vor. Die Regelung sei auch nicht - wie von der Antragstellerin geltend gemacht - aus unions­recht­lichen Gründen unanwendbar. Insbesondere ein Verstoß gegen das unions­rechtliche Kohärenzgebot sei nicht feststellbar. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs könnten nämlich solche Beschränkungen der Glückss­piel­tä­tigkeit durch einen zwingenden Grund des Allge­mein­in­teresses wie den Schutz der Verbraucher, die Betrugs­vor­beugung oder die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein. Die restriktive Maßnahme müsse allerdings geeignet sein, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Tätigkeiten im Glücksspiel in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.

Minde­st­ab­s­tandsgebot dient Spieler- und Jugendschutz

Der Senat teile die Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts, dass das Abstandsgebot dem Spieler- und Jugendschutz diene, da Sport­wet­t­an­gebote insbesondere auch für Kinder und Jugendliche ein hohes Gefähr­dungs­po­tenzial hätten und damit eine örtliche Begrenzung des Angebots erreicht werden könne, um insbesondere Glückss­pielsucht bei Kindern und Jugendlichen zu verhindern und zu bekämpfen. Das mit dem Abstandsgebot verfolgte Ziel der Spiel­sucht­be­kämpfung und des Jugendschutzes werde durch Ausnahmen in anderen Bereichen des Glückss­piel­rechts, insbesondere für Lotto-Annahmestellen und Bestandss­piel­hallen nicht derart konterkariert, dass eine kohärente und systematische Verfolgung dieser Ziele nicht mehr vorliege. Im Unterschied zu Wettvermittlungsstellen, in denen sich ausschließlich Kunden fänden, die Sportwetten abschließen möchten oder Wettergebnisse live über Bildschirme mitverfolgten, gingen in Lotto-Annahmestellen vor allem Kunden ein und aus, die mit gewöhnlichen, ihren Alltagsbedarf deckenden Bedürfnissen befasst seien. Aus diesem Grund komme dem Glückss­pie­l­angebot in Lotto-Annahmestellen wegen der dort bestehenden sozialen Kontrolle eine andere Qualität zu. Für Spielhallen sehe das Landes­glückss­piel­gesetz mit 500 Metern einen doppelt so hohen Mindestabstand unter anderem zu Kinder- und Jugend­ein­rich­tungen vor. Zwar habe der Gesetzgeber für bei Inkrafttreten des Landes­glückss­piel­ge­setzes im Jahr 2012 bestehende Spielhallen eine großzügige Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2028 gewährt. Die Übergangsfrist konterkariere die Minde­st­ab­s­tands­re­gelung aber nicht, weil sie ausweislich der Geset­zes­ma­te­rialien letztmalig verlängert worden sei und nur für Bestandss­piel­hallen gelte.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, ra-online (pm/ab)

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